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In der kolumbianischen Nationalhymne heißt es: "In Furchen der Schmerzen keimt schon das Gute..." Und tatsächlich kommt in diesen Weihnachtstagen aus dem von einem mehr als 40-jährigen Bürgerkrieg gequälten Anden-Staat ausnahmsweise eine gute Nachricht: Drei von den linksgerichteten Farc-Rebellen jahrelang festgehaltene Geiseln könnten noch diese Woche freigelassen werden.
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Zu verdanken wäre dies einem Mann, der bisher eher durch unbedachte öffentliche Äußerungen denn durch erfolgreiche Vermittlungstätigkeit aufgefallen ist: Venezuelas Staatschef Hugo Chávez hat den Deal eingefädelt.
Dass ausgerechnet der südamerikanische Gottseibeiuns der USA einen Vermittlungserfolg verbuchen kann, dämpft die Freude über die Geiselbefreiung in Washington - und nicht nur dort. Auch Kolumbiens konservativer Präsident Alvaro Uribe hatte dem Linksnationalisten Chávez erst vor wenigen Wochen das Mandat für Bemühungen um die Freilassung von Geiseln der Farc entzogen. Uribe wollte damit verhindern, dass die linken Guerilleros mit Hilfe ihres ideologischen Mentors Chávez für ihr zynisches Spiel mit den Geiseln und deren Angehörigen eine politische Plattform erhalten.
In dem Tauziehen um die Freilassung der Geiseln erwies sich Kolumbiens konservativer Präsident stets als Hardliner: Immer wieder brüskierte er die Farc-Kämpfer mit der Bezeichnung "Terroristen" und bestritt vehement, dass in Kolumbien ein Krieg herrscht, der seine Vorgeschichte in den sozialen Konflikten des Landes hat. Washingtons treuer Verbündeter, der seit Jahren Friedensgespräche mit der linken ELN-Guerilla führen lässt und trotz großer Zugeständnisse die Hydra der rechtsextremen Paramilitärs und Drogenhändler nur teilweise unter Kontrolle bekam, war offenkundig an keinem ernsthaften Friedensprozess mit der Farc interessiert.
In Bogotá wie in Washington fürchtet man nämlich, dass eine Friedenslösung mit der Chávezaffinen Farc nur ein erster Schritt für ein Zusammenrücken der südamerikanischen Nachbarn Kolumbien und Venezuela unter sozialistischem Vorzeichen wäre.
Somit ist die angekündigte Freilassung von drei Geiseln eine gute Nachricht - für die Betroffenen. Für das bürgerkriegsgeplagte Kolumbien wird sich durch diese symbolische Geste der Farc wohl nichts ändern. Uribe wird kaum auf ein Tauschgeschäft mit "Terroristen" eingehen, die weitere Verschleppte freilassen würden, wenn dafür im Gegenzug 500 hinter Gittern sitzende Guerilleros auf freien Fuß gesetzt würden.
Ein Gefangenenaustausch würde nämlich einer Anerkennung der Farc"Terroristen" als Kriegspartei gleichgekommen - und dem Eingeständnis, dass Uribe trotz Milliarden aus Washington mit seiner Politik den Kolumbianern keinen Frieden bringen kann. Seite 6