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Eine gute Wahl für Österreich

Von Peter A. Ulram

Politik

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Jetzt ist es offiziell: Benita Ferrero-Waldner und Heinz Fischer stehen zur Wahl. Damit gibt es auch in Österreich erstmals eine realistische Chance für eine Frau, zur Bundespräsidentin gewählt zu werden.

Es war an der Zeit - und Ferrero-Waldner hat als Außenministerin nicht nur bewiesen, wie man Österreich nicht nur im Ausland repräsentiert, sondern unsere Interessen notfalls auch hart und kompetent vertritt. Und wer sich in einer Krisensituation wie bei den Sanktionen der EU-14 gegen Österreich bewährt, wird wohl auch in ruhigeren Zeiten das Land zu vertreten wissen. Als wertvoll erweist sich die Kombination aus beruflichem Werdegang abseits der Parteipolitik und der späteren Regierungstätigkeit - gerade auch in der Einschätzung der Möglichkeiten und Grenzen des angestrebten Amtes. Und etwas mehr Farbe, Spontaneität und Herzlichkeit können der Hofburg nur gut tun.

Natürlich hat auch die Kandidatin ihre Schwächen: Mitunter geht ihr der Mund über und im innenpolitisch-medialen Ränkespiel ist sie keine Meisterin. Wobei sie als Frau mit dem Handicap belastet ist, dass jedes Wort, jeder Schritt und jeder kleine Ausrutscher mit Argusaugen betrachtet und kommentiert werden. Vor allem von älteren Herren in Politik und Medien, die über Unzulänglichkeiten anderer älterer Herren, mit denen sie lange vieles verbindet, gerne großzügig hinwegsehen.

Heinz Fischer hat es insofern leichter, als "Jugendsünden" und politische Tricksereien längst vergessen sind. Warum auch nicht, war er doch lange Jahre anerkannter Präsident des Nationalrates und geradezu die öffentliche Verkörperung von Konsens und Gelassenheit, jemand der jedes Wort und jede Handlung zuvor auf die Goldwaage gelegt hat. In verfassungsrechtlicher Theorie und politischer Praxis beschlagen, kann auch von ihm erwartet werden, die Präsidentschaft in ruhigere Bahnen zu lenken. Obwohl aus den Reihen der Opposition kommend, wird er der Versuchung zu widerstehen wissen, die Hofburg als Konkurrenzunternehmen zum Ballhausplatz zu betreiben. Wovon im übrigen auch die Wähler nichts halten und nichts gehalten haben. Er hat aus reicher Erfahrung gelernt und wird diese zurückhaltend einzubringen wissen. Natürlich hat auch der SPÖ-Kandidat seine Schwächen: Mitunter allzu glatt und anpassungsfähig; international zumeist nur sozialistischen Insidern bekannt.

Lässt man die übliche Haxelbeißerei beiseite - sie wird im Wahlkampf ohnehin allgegenwärtig sein - so haben die Österreicher und Österreicherinnen keine schlechte Wahl: Wie immer die Entscheidung ausfällt, sie birgt kein Risiko in sich. Beide Kandidaten werden das Land gut vertreten: Die eine mehr nach außen, der andere mehr nach innen. Keine(r) von beiden wird uns eine Neuauflage des eifersüchtigen ressentimentgeladenen Hick-Hacks der letzten Jahre bescheren und populistische Ausfälle dürften beiden zuwider sein. Und neben der Verschiedenheit der Charaktere, der politischen Orientierung und des Werdegangs hat man auch die Wahl zweier Richtungen: Hier ein wenig mehr Mut zum Neuen, dort ein ausgeprägtes Festhalten am Altvorhergebrachten.

Peter A. Ulram ist Universitätsdozent für Politikwissenschaft an der Universität Wien, Leiter der Abteilung Politikforschung am FESSEL-GfK-Institut Wien.