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Eine innigliche Kameraliebe

Von Sabine Ertl

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Zugegeben, Johannes B. Kerner mit gleichnamiger Talkshow ist witziger und entspannter - einfach "kerniger" als Reinhold Beckmann, dessen Sendung "Beckmann" (ARD, Montagnacht) von einer seltsam autoritären Gesprächsatmosphäre beherrscht wird. Dass dies am Moderator selbst liegt, ist keine rein subjektive Wahrnehmung: Jedes zweite Kamerazoom gebührt Beckmann selbst, sein Blick, sein Lachen tragen süffisante Formen, seine Fragestellungen wirken überzogen. Und trotzdem sollte man das professionelle Beckmann'sche Wesen akzeptieren lernen - von wegen eitler Geck -, er hat ein gutes Händchen für interessante Gäste.

So auch diese Woche, abgesehen vom langweiligen Auftritt der alternden Schauspieler Jutta Speidel und Fritz Wepper, kam auch die Journalistin Wibke Bruhns. Sie stellte das interessante Buch "Meines Vaters Land" über ihren Vater Hans Georg Klamroth, Mitwisser des Hitler-Attentats vom Juli 1944, vor. Eingeladen waren auch die diesjährigen Berlinale-Gewinner ("Gegen die Wand"), die deutsch-türkische Schauspielerin Sibel Kekilli und Regisseur Fatih Akin. Wie zu erwarten, kam Akin kaum zu Wort, im Rampenlicht stand Kekilli und einmal mehr ihre Vergangenheit als Porno-Star. Zwar war Beckmanns Hunger nach Details groß, doch gab es da nichts, was nicht schon gesagt wäre. Ja, sie habe die Pornos aus Geldmangel und Rebellion gegen Traditionen gedreht, was ihr jetzt besonders wegen ihrer Familie leid tue, erzählte sie ganz ruhig und sonnte sich dabei mit einem stillen Lächeln in der Kamera, so genüsslich und gleichzeitig so unbewusst, so unerfahren, dass es Beckmann wohl vor Neid erschaudern ließ.