Das Bundeskriminalamt (BKA) ließ gegen zwei Asylrechtsanwälte - einmal wegen Schlepperei, einmal wegen Aufforderung zum Ungehorsam gegen das Gesetz (§ 281 StGB) - ermitteln. Für amnesty international (ai) ist das ein rechtspolitischer Skandal. Rechtsanwalt Alfred Noll wirft den Behörden außerdem vor, juristisch schlampig gearbeitet zu haben.
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Heinz Patzelt ist außer sich. Der ai-Generalsekretär ortet eine "klar motivierte politische Verfolgung" mit dem Ziel, politisch unliebsame Stimmen - beide Anwälte sind Mitglieder des Menschenrechtsbeirates im Innenministerium - mundtot zu machen.
Was ist geschehen? Das BKA hat gegen die Anwälte Nadja Lorenz und Georg Bürstmayr Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Im (bereits eingestellten) Fall Bürstmayrs wegen des Verdachts auf Beihilfe zur Schlepperei - gegen Lorenz wurde der antiquierte Tatbestand des §281 bemüht. Bürstmayr hatte Maßnahmenbeschwerden für tschetschenische Flüchtlinge eingebracht, die im vergangenen Jahr nach Tschechien abgeschoben worden waren. Lorenz hatte sich in einem Interview im September dafür ausgesprochen, dass man schwertraumatisierten Flüchtlingen, die von einer Abschiebung bedroht sind, helfen müsse und dies kein Verstecken sei. Lorenz vertritt weiters die Witwe Cheibani Wagues, während Bürstmayr jüngst eine Verfassungsklage gegen das Asylgesetz gewann.
Einen "rechtspolitischen Skandal" sieht auch Anwalt Noll: Bei den Sachverhaltsdarstellungen handle es sich um eine "juristische Eselei allererster Güte." Der geäußerte Verdacht erfülle die geforderten Tatbestandselemente nicht: "Kein Jusstudent erhält einen Schein, wenn er so eine Subsumtion tätigt." Brigadier Gerhard Lang vom BKA bezeichnet das Geschehen gegenüber der "Wiener Zeitung" als Routinevorgang: "Wir übermitteln Sachverhaltsdarstellungen, wenn wir nicht sicher sind, ob Dinge strafrechtlich relevant sind". In den genannten Fällen sei "transparent und rechtskonform" gehandelt worden. Anderer Ansicht die Opposition: Während SPÖ-Menschenrechtssprecher Walter Posch "wegen dieses Willküraktes" eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Strasser ankündigt, wollen die Grünen Terezija Stoisits und Peter Pilz Strasser im Innenausschuss mit dem Thema konfrontieren.