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Arbeit heißt der Menschen Schicksal - eine andere Welt ist nämlich bis auf weiteres nicht in Sicht. Sie ist als Lohnarbeit Grundlage unserer wirtschaftlichen Existenz, über sie definieren wir - zumindest in Teilen - unsere gesellschaftliche Position, und ohne sie haftet uns ein unsichtbarer Makel an.
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Entsprechend wortreich sagt auch die Politik der Arbeitslosigkeit den Kampf an. Tatsächlich sind Massenarbeitslosigkeit und ihre Folgen die letzte Urangst unserer wohlfahrtsstaatlichen Demokratie. Sie gelten vielen als Auftakt zu einem apokalyptischen Szenario, das - so die Furcht - unweigerlich zum Aufstieg antidemokratischer Kräfte führe.
In der Realität scheint diese Gefahr dank eines gut ausgebauten Sozialstaats weitgehend gebannt, die durchaus vorhandenen Gefahren für die liberale Demokratie lauern in anderen dunklen Ecken, etwa der zunehmenden Verflechtung von publizistischer und politischer Macht.
Und vielleicht auch in der Frustration all jener Menschen, die zwar genug zum Leben haben, aber dennoch keiner sinnstiftenden Tätigkeit nachgehen können und darüber in Depression, Antriebslosigkeit und Stumpfsinn verfallen. Der Mensch ist nicht nur gezwungen, sein täglich Brot im Schweiße seines Angesichts zu erarbeiten, er ist per se auch ein schöpferisches Wesen, das sich sinnvoll engagieren und gebraucht werden will.
Was aber, wenn Menschen verlernt haben, sich selbst sinnvoll zu betätigen? Die Frage mag angesichts steigender Arbeitslosenzahlen provokant klingen, ist es aber nicht, denn immer mehr scheitern aus welchen Gründen auch immer daran.
In den experimentierfreudigen Niederlanden läuft nun ein spannendes Experiment: In Rotterdam muss jeder, der kann, arbeiten, um Sozialhilfe zu bekommen. Der, der das praktiziert, ist Sozialdemokrat und heißt Dominic Schrijer. Er will mit dem Argument "irgendetwas kann jeder" die Arbeitslosen "nicht nur bedauern und dann versorgen", sondern aus ihrer Abhängigkeit führen. Klingt in manchen Ohren nach Zwangsarbeit, man kann es aber auch Hilfe zur Selbsthilfe nennen.
Am Mittwoch finden in Rotterdam Kommunalwahlen statt. Man darf gespannt sein auf das Abschneiden der Sozialdemokraten, die mit Schrijer an der Spitze antreten.