Zum Hauptinhalt springen

Eine kleingedruckte Warnung ist zu wenig

Von Stefan Melichar

Wirtschaft
Vor allem unerfahrene Anleger sollten nicht nur schriftlich aufgeklärt werden. Foto: bbox

Kunde muss Verlustrisiko genau einschätzen können. | Allzu einseitige Werbung kann heikel werden. | Rust. Seit die Finanzkrise einen Gutteil der heimischen Aktiendepots in Grund und Boden getrampelt hat, versuchen zahlreiche Anleger, Teile ihrer Verluste auf dem Klagsweg wieder wettzumachen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Kunden von Banken und anderen Finanzdienstleistern beklagen zumeist, nicht ausreichend beraten worden zu sein. Ob sie ihr Geld tatsächlich zurückbekommen, hängt dabei von vielen Faktoren ab.

Eine wesentliche Rolle spielen jedenfalls die Risiko-Informationen, die Anleger von ihrem Berater im Vorfeld erhalten haben. "Es hilft nichts, wenn irgendwo im Kleingedruckten steht, dass ein Totalverlust möglich ist", so Andreas Zahradnik von der Anwaltskanzlei Dorda Brugger Jordis beim diesjährigen Jahresforum für Recht und Steuern des Business Circle im burgenländischen Rust.

Der Kunde müsse ein realistisches Bild über die Wahrscheinlichkeit des Totalverlusts erhalten. Ein einziger Risikohinweis reiche nicht aus.

Berater sollten auch mehr vorweisen als Kurs-Charts der vergangenen Jahre, um die Eigenschaften eines Wertpapiers zu verdeutlichen, meint Zahradnik. Der Zusatz, dass sich die jeweilige Entwicklung nicht fortsetzen müsse, sei möglicherweise nicht ausreichend. Viele Kläger würden vor Gericht argumentieren, dass im Beratungsgespräch Risiken verharmlost worden wären. Auch allzu einseitig positive Werbematerialen könnten nun im Nachhinein zum Problem für Finanzdienstleister werden.

Wie viel Aufklärung nötig ist, hängt laut Zahradnik mit dem Erfahrungsgrad des jeweiligen Kunden und dem Risiko der Veranlagung zusammen. Bei unerfahrenen Kunden würden schriftliche Warnhinweise jedenfalls nicht genügen, hier sei zusätzliche Aufklärung im Beratungsgespräch vonnöten.

Kauf als Irrtum

Werden - für die Anlageentscheidung maßgebliche - Informationspflichten verletzt, besteht die Möglichkeit, den Kauf der Wertpapiere als Irrtum anzufechten, erklärt Zahradniks Kanzleikollege Alexander Schopper. In diesem Fall wäre unter Umständen eine Rückabwicklung denkbar: Der Finanzdienstleister müsste dann die Aktien zum seinerzeitigen Anschaffungswert zurückkaufen.

Eine wichtige Frage im Zusammenhang mit Anleger-Klagen ist auch, inwieweit den Anleger eine Mitschuld trifft. Laut Schopper ist von einem Mitverschulden auszugehen, wenn bei der Investitionsentscheidung offensichtliche Fehlinformationen vorgelegen sind - etwa, wenn viel zu hohe Renditen in Aussicht gestellt wurden.

Hält der Kunde aufgrund einer Fehlberatung Wertpapiere zu lange oder verkauft er sie im falschen Moment, ist er nur in seltenen Fällen mitschuld. Vor allem unerfahrene Anleger würden sich hier besonders auf die Beratung verlassen.