Zum Hauptinhalt springen

Eine "kollegiale Serviceleistung"

Von Werner Reisinger

Politik

Er sei von Peter Goldgruber angewiesen worden, "nichts zu dokumentieren, sagt EGS-Chef Wolfgang Preiszler.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. "Unsere Aufgabe war es, Sicherheit herzustellen, und zu schauen, dass keine Beweismittel vernichtet werden." Das ist der Haupttenor der mit Spannung erwarteten Aussage von Wolfgang Preiszler vor dem Untersuchungsausschuss zur Causa Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Der Chef der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS), nebenbei auch FPÖ-Kommunalpolitiker im niederösterreichischen Guntramsdorf, gibt an, erst am Tag vor der Razzia im BVT und in den Privatwohnungen von Beschuldigten Verfassungsschützern überhaupt eingeweiht worden zu sein.

Erst an diesem Tag vor der Razzia, am 27. Februar, sei er bei einer Besprechung in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) "mit Rang und Namen" vorgestellt worden. "Schnell und unauffällig einsickern", da seitens der leitenden WKStA-Ermittlerin Ursula Schmudermayer eine "Fernlöschung" von Daten im BVT befürchtet wurde, das sei ihm als Leiter der EGS in dieser Vorbesprechung als Auftrag mitgegeben worden. Inhaltlich, etwa zur Aktenlage der WKStA, was beschuldigte BVT-Mitarbeiter angeht, habe er aber nichts mitbekommen, sagt Preiszler. "Die Fernlöschung war der rote Faden der Sitzung. Alle miteinander haben darüber gesprochen." Anwesend gewesen seien bei dieser Besprechung Peter Goldgruber, Generalsekretär im Innenministerium, Udo Lett, der Kabinettsmitarbeiter von Innenminister Herbert Kickl, der Belastungszeugen an die WKStA vermittelt hat, die leitende Staatsanwältin Ursula Schmudermayer sowie zwei weitere Staatsanwälte und zwei IT-Experten der WKStA.
Gegen 15 Uhr habe er am 27. Februar die Besprechung verlassen, sei in die EGS-Zentrale gefahren und habe mit den dort Diensthabenden den Einsatz für den nächsten Tag geplant.
Gab es einen schriftlichen Einsatzplan? "Nein, weil streng geheim", sagt Preiszler.

Launige Antworten

Ob es ihm nicht seltsam vorgekommen sei, dass in einer so hochrangigen Runde von "Gerüchten" die Rede sei? Preiszler korrigiert sich. Die Rede gewesen sei vom BAK, dem Bundesamt für Korruptionsprävention und –bekämpfung, und weil man dort befangene Ermittler vermutete, sei die EGS zum Zug gekommen.

Preiszler präsentiert sich während der Vernehmung launig, stellenweise sorgen seine flapsigen Antworten für Erheiterung bei den Beobachtern. Ob er schon einmal eine Hausdurchsuchung in Ämtern oder Behörden durchgeführt habe? Preiszer verneint. "Sie haben also etwas gemacht, was Sie noch nie vorher gemacht haben", fragt Jan Krainer von der SPÖ. "Ich hab schon oft etwas gemacht was ich noch nie vorher gemacht habe", quittiert der EGS-Chef.
Ernst wird es aber, als die Befrager von Preiszler Näheres zu jenem "Trick" wissen wollen, mit dem die fünfköpfige "Fürhungsgruppe" inklusive Preiszler es schaffte, in die Sicherheitszentrale des BVT-Hauptquartiers am Wiener Rennweg vorzudringen. "Hier möchte ich von meinem Entschlagungsrecht als Beschuldigter Gebrauch machen", sagt Preiszler, gegen den – auf Anzeige von BVT-Mitarbeitern – von der Staatsanwaltschaft Korneuburg wegen Nötigung ermittelt wird. Wie berichtet, soll laut den im U-Ausschuss bereits befragten BVT-Mitarbeitern Preiszler in äußerst rüdem Tonfall gedroht haben, Zuwiderhandlungen gegen seine Anweisungen mit Gewalt zu unterbinden.
Nach einer kurzen Unterbrechung gibt Preiszler dann doch zu, dass die Idee zum "Trick" – er soll unter Vorhalten seines Dienstausweisen angegeben haben, zu einem Termin ins BVT zu kommen – von ihm gekommen sei. "Irgendwas haben wir ja sagen müssen, damit wir reinkommen." Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper bringt Preiszlers eigene politische Einstellung aufs Tapet. Staatsanwältin Schmudermayer habe nach der Razzia per Aktenvermerk festgehalten, erst im Nachhinein von Preiszlers politischen Aktivitäten erfahren zu haben.

"Eine Serviceleistung"

Die von andere Befragten angesprochene Gewaltandrohung gegenüber den Sicherheitsmitarbeitern in der BVT-Zentrale schildert Preiszler so ganz anders. "Ich habe gesagt, sollten sie Alarm schlagen, sollen sie das in ihrem eigenen Interesse unterlassen. Eine Serviceleistung, eine kollegiale, damit er keine Schwierigkeiten hat", legt Preizsler dar. "Er", also der bereist einvernommene Sicherheitsverantwortliche im BVT, könne ja nichts dafür, dass er Dienst gehabt habe.
Spannend auch, was Preiszler zur Frage des Abtransports der beschlagnahmten Datenträger sagt. Er habe angeboten, "alles zu versiegeln", habe sogar Siegelbänder und Boxen kommen lassen. Das sei aber abgelehnt worden. Zur Erinnerung: Die Rechtsbeauftragte des BVT, Frau K., gab in ihrer Aussage an, sie habe Staatsanwältin Schmudermayer auf die sensiblen Daten im BVT hingewiesen und gebeten, die Datenträger zu versiegeln. Zwar habe ihr Preiszler die Boxen zur Versiegelung angeboten. Nach Rücksprache habe Schmudermayer die Versiegelung aber abgelehnt. Er habe gesehen, "dass die beiden Damen diskutieren", sagt Preiszler. Er aber sei kein Jurist und die Materie komplex.

"Schulungen" zum "Verhalten vor Gericht"

Brisant: Wie bereits berichtet, gab es keinerlei schriftliche Korrespondenzen im Vorfeld der Razzia. Die gesamte Kommunikation der EGS geschah telefonisch. Vor dem U-Ausschuss gibt Preiszler zu: Er habe von Peter Goldgruber die mündliche Weisung erhalten, sämtliche Notizen und schriftlichen Aufzeichnungen nach der Aktion zu vernichten – und nichts zu dokumentieren. Auch sei es Goldgruber gewesen, der ihm am 21. Februar, eine Woche vor der Razzia, eröffnet hätte, dass auf die EGS ein Auftrag zukommen könnte.
Hartnäckig fragen besonders die Abgeordneten der Oppositionsfraktionen nach jener "Schulung" für EGS-Polizisten, die diese im Vorfeld ihrer Aussage-Termine erhalten haben. Was er, Preiszler, dort gelernt habe? "Ich habe dort gelernt, dass man ehrliche, korrekte Antworten gibt und gut auftritt." Die Befragung der übrigen beiden Auskunftspersonen, W. K. und W. R., beide EGS-Polizisten, zeigt deutlich, dass sich die EGS selbst nicht in der Lage sah, selbst Sicherstellungen durchzuführen. "Wir waren dafür nicht ausgerüstet", sagt W. R., der als ehemaliger BVT-Mitarbeiter als einziger der Polizisten Ortkenntnisse vom BVT-Hauptquartier besaß. "Wir haben selbst Sicherstellungen durchführen müssen, weil zu wenige Ermittler anwesend waren", sagt zuvor sein Kollege W. K.
Und auch Wolfgang Preiszler spricht von ominösen "IT-Spezialisten aus Deutschland", die angeblich bei der Aktion für die WKStA dabei sein hätten sollen – jedoch nicht eintrafen.