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Als Clown Enrico wurde Heinz Zuber im österreichischen Fernsehen berühmt. Und der Schauspieler, der am 7. April 80 Jahre alt wird, findet es auch heute noch schön, wenn man ihn auf der Straße erkennt.
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"Soll ich sagen? Ich saaag niiicht! Ich singe viel, viellieber!"
Fast vier Jahrzehnte lang waren diese Sätze Heinz Zubers Erkennungszeichen als Clown Enrico, zunächst 18 Jahre lang in der ORF-Kindersendung "Am Dam Des" und danach in verschiedenen anderen ORF-Sendungen und auf diversen Bühnen. Auch wenn er die schwarz-grün-karierte Jacke 2014 endgültig abgelegt hat - bereut hat er es niemals, dass er 1975 in die Rolle seines Lebens geschlüpft ist, betont Zuber, der am 7. April 80 Jahre alt wird. Im Gegenteil: "Ich verdanke dem Enrico so viel." Deshalb hat er auch, obwohl er eigentlich gar kein Buch mehr schreiben wollte, vor fünf Jahren dann doch noch seine Memoiren zu Papier gebracht. "Soll ich sagen?" ist anlässlich seines 75. Geburtstags im Amalthea Verlag erschienen.
Geboren wird Heinz Zuber am 7. April 1941 in Weil am Rhein in Baden-Württemberg, im deutsch-französisch-schweizerischen Dreiländereck. "Unser Gartenzaun war quasi die Schweizer Grenze, auch Frankreich war gleich daneben", erzählt er. Ursprünglich lernt er Speditionskaufmann und geht als Praktikant nach Paris. "Ich war schon immer frankophil." In Paris gibt Zuber, der schon in der Schule Theater gespielt hat, das Kaufmännische bald auf und beginnt mit Pantomime und Chansons, zeichnet auf der Straße Karikaturen für Touristen und punktet dabei mit seinem guten Französisch.
"1963 oder 1964 hat dann ein Schauspiellehrer zu mir gesagt: ‚Sie machen das wirklich gut, aber was wollen Sie hier in Paris? Wenn Sie wenigstens groß und blond wären, könnten Sie die Nazi-Offiziere spielen.‘ Weil ich nicht nach Deutschland zurückwollte, wo ich zum Militär eingezogen worden wäre, bin ich also von Paris nach Wien gefahren und habe mich am Reinhardt-Seminar beworben. Von 250 Leuten haben sie ein Dutzend genommen - und einer davon war ich."
Toller Beginn in Wien
Noch während der Schauspielausbildung bekommt Zuber mehrere Angebote. "Mein Beginn in Wien war eigentlich unfassbar toll." Er spielt an der Volksoper, bei den Salzburger Festspielen, im Theater der Jugend - und wird sogar am Burgtheater engagiert. In dieser Zeit bekommt er auch die österreichische Staatsbürgerschaft. Schon damals ist er im komischen Fach daheim. "An der Burg habe ich einen Diener nach dem anderen gespielt", erzählt Zuber und holt einen alten Hampelmann hervor, den sein Vater vor fast 75 Jahren gebastelt hat. "Auf der einen Seite ist er ein Hanswurst, auf der anderen ein italienischer Arlecchino - und das waren auch immer meine Rollen."
Neben dem Theater moderiert Zuber ab 1968 im ORF die Kindersendung "Das kleine Haus", die im März 1975 abgesetzt wird. Als im April der Nachfolger "Am Dam Des" auf Sendung geht, sucht der Sendungsverantwortliche Franz Josef Barta einen Darsteller für den von ihm erfundenen Clown Enrico Emmanuel Theobaldissimus Fillissi Maximo und fragt Zuber. Der sagt zu - und der Rest ist Geschichte.
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Zuber entwickelt die Figur weiter. "Den italienischen Akzent habe ich mir vom berühmten Regisseur Giorgio Strehler geborgt. Mit der Zeit habe ich ihn aber aufgegeben, weil ich sonst beim Singen geklungen hätte wie Julio Iglesias."
Und der markante Pfiff? "Den habe ich vom Milchmann daheim in Weil am Rhein. Der hat nämlich in meiner Kindheit immer die Hausfrauen damit rausgescheucht. Ich bin als kleiner Bub ein paar Minuten früher durch die Straße gegangen und habe auch so gepfiffen", erzählt Zuber mit schelmischem Grinsen. Später hat er mit dem Pfiff auf dem Roten Platz in Moskau die Trillerpfeifen der Ordnungshüter nachgemacht - und damit Touristen erschreckt.
Auch ernste Rollen
Dass er mit Enrico (der Vorname ist das italienische Pendant von Heinrich beziehungsweise Heinz) endgültig im komischen Fach gelandet ist (obwohl er zwischendurch auch ernste Rollen bekommen hat, wie etwa in Peter Handkes "Publikumsbeschimpfung" oder als "Tatort"-Inspektor), stört Zuber bis heute nicht. "Es war das Beste, was mir passieren konnte. Ich bin in der Rolle des Enrico aufgegangen, ich habe meine eigenen Lieder und Texte geschrieben. Und im Stadttheater Baden bei Wien habe ich später die schönsten Operettenrollen gespielt." Selbst dort, in seiner letzten Vorstellung in "Das Feuerwerk" vor sieben Jahren, hat er am Ende als Enrico die Bühne betreten. Danach hat er dann noch in der Komödie am Kai gespielt.
Seither ist der nun 80-Jährige aber tatsächlich im Ruhestand. Zumindest solange, bis ihn wieder eine Rolle reizt. "Ich kann es mir zum Glück finanziell leisten, wirklich nur noch dann zu spielen, wenn es mir taugt." Trotzdem begleitet ihn zeit seines Bühnenlebens ein ständiger Albtraum: "Ich trete in der Peking-Oper auf und weiß nicht, was ich zu tun habe", erzählt er und hebt dabei - wie so oft - die Stimme genau so, wie man es von Enrico gewohnt war. . .
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Hinter jedem lustigen Clown steht auch eine tragische Figur, heißt es oft. Zuber stimmt dem Satz zu. "Wenn es mir nicht gut gegangen ist, habe ich das auch als Enrico verarbeitet. Das waren dann oft die komischsten Sachen. Auch der ORF war nicht immer nett zu Enrico. Die Kolleginnen und Kollegen waren alle zauberhaft, aber mit den oberen Etagen war es oft nicht einfach. Immer wenn die Führung die Figur abschaffen wollte, und das war öfter der Fall, hat sich unter anderem der große Psychiater Erwin Ringel für mich eingesetzt. Einmal hat er zu mir gesagt: ‚Sie machen als Enrico mehr für die Kinder als alle Kinderpsychologen zusammen.‘ Das war das schönste Lob für mich."
Zuber erinnert sich auch an den Brief eines jungen Erwachsenen kurz vor seinem 75. Geburtstag. "Darin hat er mir geschrieben, dass der Enrico seine Rettung im Internat war. Weil er das Gefühl hatte, von ihm verstanden zu werden. Enrico ist ja immer ein bisschen naiver als die Kinder, und wenn er auf seine Dummheit draufkommt, haben sie was zu lachen - und können dabei auch etwas lernen. Das war mir wichtig." Mit ein Grund für den Erfolg der Figur sei auch gewesen, "dass Enrico eigentlich ein Neurotiker war".
Kein Spaziergang ohne Enrico
Sein persönliches Fazit nach einem halben Jahrhundert künstlerischen Schaffens: "Ich habe bisher ein tolles Leben gehabt." Auch privat zieht er eine positive Bilanz über eine langjährige Beziehung. Allzu viele Worte darüber will er aber nicht verlieren, dafür ist ihm seine Privatsphäre zu wichtig. Umso mehr erzählt er dafür über die Spaziergänge mit seinem Dackel, der ihn "immer in Bewegung hält". Wenn er mit Luzi spazieren geht, wird er auch heute noch andauernd auf den Enrico angesprochen, was ihn immer noch jedes Mal aufs Neue freut.
Luzi ist Dackel Nummer vier im Hause Zuber. Davor gab es Rikki, die 2010 über den Tierschutz ins Haus gekommen war und stolze 16 Jahre alt wurde, was umso erstaunlicher ist, wenn man die Lebensgeschichte von Luzis Vorgängerin bedenkt: Rikki war offenbar jahrelang als Gebärmaschine missbraucht und dann irgendwann kurzerhand auf einem Parkplatz an der Autobahn Richtung Ungarn ausgesetzt worden. Ihren Namen hatte das Herrchen von Marika Rökk abgeleitet. Der Dackelkorb steht seit jeher in seinem Arbeitszimmer, gleich neben einer Enrico-Marionette hinter Glas. Es ist ein Fan-Geschenk, genauso wie ein kleiner Enrico, den ein Kind aus Perlen gebastelt hat.
Apropos: Tut es ihm eigentlich leid, dass er selbst kinderlos geblieben ist? "Sehr sogar", gesteht Zuber. "Vor allem im Alter merke ich es jetzt schon, dass Enkel etwas Schönes wären." Und als Einzelkind hat er auch keine Nichten oder Neffen. Sein Faible für Kindersendungen hat wohl auch damit zu tun. Auch wenn er oft vor tausenden Kindern aufgetreten ist, hat er nur in den seltensten Fällen direkt mit ihnen zusammengearbeitet.
Das hatte zuvorderst künstlerische Gründe: "Ich brauchte einen Partner, der mir die Stichwörter für meine Texte gab. Das kann man von einem Kind nicht verlangen. Das wären ja dressierte Affen, und das wollte ich nicht. Ich wollte auch kein Kindergärtner sein, sondern ein Clown für Kinder - und für die Eltern, die auch immer mitgemacht haben."
Skypen statt Reisen
Noch eine unverschämte Frage: Wie viele Kilo liegen eigentlich zwischen Enrico damals und Heinz Zuber heute? "Fragen Sie mich, wie viele Kilo zwischen Ende September und jetzt liegen. Damals hatte ich zehn Kilo weniger. Aber ich habe mein Leben lang ständig ab- und zugenommen, je nach Rolle."
Während er seine Bekanntheit immer genossen hat, ist es seiner Mutter oft furchtbar auf die Nerven gegangen, wenn ihr Sohn wieder einmal um ein Enrico-Autogramm gebeten wurde. Einmal wurde es sogar fast lebensgefährlich: "Wir waren in den Schweizer Bergen unterwegs, da hat sie auf 3.500 Metern keine Luft mehr bekommen und schon hyperventiliert - und dann kommt auch noch eine Familie auf uns zu, und ich sehe schon von weitem, dass die mich erkannt haben. Da habe ich echt Angst um meine Mutter bekommen, dass sie sich noch mehr aufregt. Und dann sagt der Familienvater zu mir: ‚Entschuldigen Sie bitte die Störung, aber sind Sie nicht der Herr Zuber vom Burgtheater?‘ Worauf meine Mutter auf einmal wieder Luft bekommen hat."
Früher ist Zuber viel gereist. Vor 25 Jahren war er mit einer kleinen Reisegruppe in Syrien. "Ich bin jeden Tag neu entsetzt, was aus diesem wunderbaren Land geworden ist." Das Reisen hat er aufgegeben, seit die betreuungsintensive Dackeldame Rikki bei ihm wohnte. Die ist zwar vor ein paar Jahren gestorben, dafür macht es jetzt Corona unmöglich. Zuber schweift trotzdem in die Ferne, zumindest virtuell. "Ich skype jeden zweiten Tag mit einem Freund in Venezuela."
