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"Eine Maus wurde geboren"

Von Konstanze Walther

Politik

Der große Wurf der Kommission wurde von den Staaten zerpflückt.


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Brüssel. Das EU-Agrarbudget macht knapp 39 Prozent des derzeit 960 Milliarden Euro schweren Finanzrahmens der Union aus. Nun scheint eine wichtige Etappe im Streit um diesen größten Posten erreicht zu sein, bei dem auch erstmals das EU-Parlament mitentscheiden durfte. Die Parole der EU ist: Die Agrarsubventionen werden stärker an den Umweltschutz gebunden. Das sehen die neuen Richtlinien für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU für den Zeitraum 2014 bis 2020 vor, auf die sich Vertreter von Regierungen, EU-Parlament und EU-Kommission am Mittwoch politisch geeinigt haben. Formell soll es im Herbst beschlossen werden.

Ganz so grün ist es allerdings nicht geworden, bemängeln Kritiker. "Es wurde eine Maus geboren", formuliert es Martin Hofstetter von Greenpeace Deutschland. Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission von vor zwei Jahren wurde deutliche aufgeweicht. Aber der Reihe nach.

Ein Viertel des 373,5 Milliarden Euro umfassenden Agrarbudgets - rund 50 Milliarden Euro pro Jahr - wird in die Förderung landwirtschaftlicher Betriebe und der Infrastruktur des ländlichen Raums fließen. Mindestens 30 Prozent der Mittel zur "ländlichen Entwicklung" werden für Umweltschutzmaßnahmen zweckgebunden, darunter fallen Forstwirtschaft, Bioprogramme oder benachteiligte Gebiete (und ist damit für Österreichs Bio- und Bergbauern besonders interessant). Flughäfen, Golfplätze und Eisenbahnen wurden als Empfänger definitiv als "nicht aktive Landwirte" ausgeschlossen - und auf eine schwarze Negativ-Liste gesetzt, die von den EU-Mitgliedsländern individuell erweiterbar wäre.

Direktzahlungen machen drei Viertel des Budgets aus

Die Direktzahlungen an die Landwirte machen mit drei Viertel weiterhin das Gros der Agrarsubventionen aus. "Hier sind drei Vorschriften für eine grünere Landwirtschaft erreicht worden", unterstreicht die österreichische Europa-Abgeordnete Elisabeth Köstinger (ÖVP) gegenüber der "Wiener Zeitung" das Greening-Paket: das Umbruchverbot für Dauergrünland, die Anbaudiversifizierung (ab zehn Hektar) und die Schaffung von sogenannten Vorrangflächen (ab einer Landwirtschaft von 15 Hektar). Vorrangflächen bedeuten, dass fünf Prozent der Ackerflächen nicht mehr nur, wie ursprünglich gedacht, als Blühflächen vorhanden sind, worüber lange gestritten wurde, jetzt heißt es, dass diese Flächen "ökologisch nachhaltig zu bewirtschaften" sind. Dabei ist im Endeffekt wichtig, dass keine Düngemittel in diesem Bereich verwendet werden. So ist der Anbau von "eiweißhaltigen Pflanzen" oder stickstoffbindenden Pflanzen auf diesen Vorrangflächen gestattet. Diese gelten als umweltfreundlich, weil sie den Boden fruchtbarer machen. Die EU nennt hier das Beispiel "Klee", allerdings fällt auch Soja unter die Rubrik. Die von Deutschland gefürchtete Stilllegung landwirtschaftlicher Flächen sei damit "definitiv vom Tisch", hatte sich die deutsche Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) damals bei der Einigung gefreut. Auch Österreichs Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich (ÖVP) jubelt: "Das ist wichtig, um die Eiweißlücke in Europa zu schließen."

BASF bekommt weiter Agrarsubventionen

Österreich haben die Betriebe - laut der Agrarstrukturerhebung der Statistik Austria aus 2012 - im Schnitt rund 20 Hektar Nutzfläche. Die Studie bestätigte auch einen Trend, vor dem sich viele fürchteten: Während Betriebe mit einer kleineren Kulturfläche als 30 Hektar deutlich zurückgingen, stieg die Anzahl jener, die Flächen zwischen 50 und 200 Hektar bewirtschaften - auch in Österreich. "Die Kommission wollte kleinere Betriebe, die eine Fläche unter 30 Hektar haben, deutlich stärken und Großbetriebe ganz aus der Förderung ausnehmen", erinnert Hofstetter. Kurz hatte der Begriff "aktive Landwirte" eine andere Bedeutung gehabt: Nämlich mit einem Einkommensnachweis, dass zumindest ein Bruchteil des Einkommens über Landwirtschaft entsteht. Dagegen hat sich auch Österreich gewehrt. Mit dem Effekt, dass in Deutschland Energieunternehmen, die etwa auf dem Gelände des Kohleabbaus Landwirtschaft betreiben, sowie das Chemieunternehmen BASF, das eine Versuchslandwirtschaft unterhält, weiterhin zu Subventionsempfängern zählen werden. Ebenso wie Großbetriebe, den die Deckelung für Großbetriebe die über 150.000 Euro Prämien pro Jahr bekommen, ist nur noch freiwillig. Hofstetter: "Südzucker ist der größte Subventionsempfänger in Deutschland mit einer Fläche von angeblich über 6000 Hektar."

Die umstrittenen Zuckerquoten laufen 2017 aus, danach wird das System voraussichtlich durch eine Branchenvereinbarung ersetzt. Über das Milchquoten wurde schon bei der GAP-Reform abgestimmt, sie laufen 2015 aus, danach soll es ein umfassendes "Milchpaket" geben.