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Eine Metropole im Habsburg-Taumel

Von Michael Schmölzer, Bratislava

Europaarchiv

Die Slowaken haben im Gegensatz etwa zu den Briten keine Monarchie und fallen daher auch um Krönungsrituale um. Die gewitzten Stadtväter Bratislavas schufen Abhilfe und taten einen Blick in die Vergangenheit: Achtzehn Habsburger wurden in der slowakischen Metropole gesalbt. Seit letztem Jahr erleben im Martinsdom längst verblichene Regenten ihre zweite Krönung.


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"Vivat Maximilian" und "ein Hoch auf seine Frau Maria", gellt es durch die Altstadt Bratislavas. Die Straßen sind gesäumt mit Schaulustigen, ein Zug spätmittelalterlich Gewandeter bewegt sich zu Fuß oder Hoch zu Ross in Richtung Martinsdom. Die Menge staunt und ist begeistert, denn die Slowaken, selbst ältere Semester, lieben Märchenfiguren. Prinzessinnen und Königen ist deshalb uneingeschränkte Bewunderung sicher.

Die bekannte Schauspielerin Anka iková gibt sich die Ehre und schlüpft für einige Stunden in die Rolle der Königin Maria, dereinst Gattin des Habsburger-Kaisers Maximilian, der 1563 in Bratislava zum Ungarischen König gekrönt wurde. Insgesamt achtzehn Regenten widerfuhr im Laufe der Jahrhunderte in Bratislava das Gleiche - eine Tatsache, der in der kommunistischen Tschechoslowakei auf Parteibeschluss keine Bedeutung zukam. Umso begeisterter widmet man sich jetzt der Historie. Letztes Jahr wurden die Krönungsfeierlichkeiten uraufgeführt, willkommener Anlass war die 440 Wiederkehr der Krönung Maximilians. Bratislava feiert seine lang verschütteten royalen Traditionen und ist bereits dabei, eine weitere zu gründen. Zumindest, wenn es nach dem Bezirksvorsteher der Bratislaver Altstadt, Peter Ciernik, geht. Er will sich durch die Jahrhunderte und die einzelnen Krönungen vorarbeiten - auf dass der Stoff, aus dem künftige Spektakel sind, nicht ausgehe.

Europäisches Fest

Mittlerweile ist der illustre Zug, bestehend aus Gardegrenadieren, Zofen und natürlich der Königin Maria, zum Dom vorgedrungen. Im Inneren warten hunderte Zuschauer inklusive zahlreich vertretene Prominenz bereits sehnsüchtig auf ikovás großen Auftritt.

Im Dunkel der Kathedrale findet sich auch der Organisator des Festivals, Miroslav Vetrik, Geschichte-Student und Betreiber einer Touristen-Informationsstelle. Er verweist auf den internationalen Charakter des Festivals, schließlich war Maximilian mitteleuropäischer Regent, Herrscher über Landesteile, die jetzt von Nationalgrenzen durchbrochen werden. Und außerdem wird das Schauspiel von der Europäischen Union mit 10.000 Euro gefördert. Ungarische Gäste werden gesichtet, aus dem nur 60 Kilometer entfernten Wien ist zumindest in offizieller Funktion niemand gekommen. Und das, obwohl laut Ciernik Einladungen versandt und 200 Plakate in Österreichs Hauptstadt affichiert wurden.

Teure Tickets

Die Zuseher werden ordentlich zur Kasse gebeten. Eine Karte kostet 1.500 Slowakische Kronen, umgerechnet etwa 40 Euro. Das Publikum bekommt dafür etwas geboten: Ein frühneuzeitlicher Bischof salbt unter den Augen des aktuellen Bürgermeisters die in schlichtem weiß gehaltene Königin. Gatte Maximilian spielt diesmal offensichtlich nicht die Hauptrolle, er war ja schon letztes Jahr dran. Lateinische Choräle erklingen, die Schauspieler verschwinden langsam in Wolken von Weihrauch. Draußen warten unterdessen mehrere Hundert Schaulustige auf das Ende der Zeremonie. Als es endlich so weit ist und die frisch Gekrönte aus der Kirche tritt, lässt eine kostümierte Ehrenkompanie krachend Salutschüsse in die Luft ab.

Damit ist aber noch nicht aller Tage Abend. Am Hauptplatz Bratislavas finden zu Ehren der Gekrönten Turniere statt. Allerdings ziemlich zivilisierte, denn es geht nicht darum, einen Kontrahenten aus dem Sattel zu werfen sondern mit der Lanze einen Ring, der an einem Balken angebracht ist, zu erwischen. Neben vielen anderen Attraktionen erstrahlt nach Einbruch der Dunkelheit ein Feuerwerk über der Stadt.

Gesichert scheint, dass auch im nächsten Jahr Anfang September wieder ein königliches Haupt zu krönen sein wird. Damit sich dann auch ein paar Österreicher nach Bratislava verirren, sollen dann slowakische Trommler die frohe Kunde auch in Wien verbreiten.