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Eine Million für jeden!

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Noch erschreckender als die Wirtschaftslage sind manche Ideen, die zu ihrer Besserung erdacht werden.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Europas Wirtschaft lahmt bekanntlich gerade sehr, und eine wesentliche Ursache dafür ist die chronische Unlust von Konsumenten wie Unternehmern, Geld auszugeben.

Einen bemerkenswerten Vorschlag, wie dies zu ändern sei, machte jüngst ein "profil"-Kolumnist: Die EZB möge einfach noch ganz, ganz viel Geld drucken und jedem Europäer in der Folge ein paar tausend Euro zukommen lassen. Damit würde dann wieder fröhlich konsumiert werden, die Unternehmer würden in der Folge wieder investieren, Problem gelöst. Eine Idee, die seit ein paar Wochen auch in anderen Medien, die in ihrer Selbstwahrnehmung nicht unter "Satire" rubrizieren, unter dem Stichwort "Geld aus dem Helikopter abwerfen" propagiert wird.

Warum sind wir da eigentlich bloß nicht früher draufgekommen?

Dass eine Gesellschaft wohlhabender wird, wenn sie nur möglichst viele Zettel Papier bunt bedruckt und "Geld" nennt, ist ja ein unwiderlegbares ökonomisches Grundgesetz. Deshalb waren ja etwa Österreich oder Deutschland in den 1920ern, als die Banknotenpressen auf Hochtouren liefen, so besonders florierende Volkswirtschaften. Auch die Bewohner Zimbabwes, dessen Notenbank im vergangenen Jahrzehnt die gleiche bewährte Methode angewandt hat, können berichten, wie wohlhabend eine Gesellschaft wird, deren Regierung einfach ausreichend Geld für alle druckt.

Leider kann man der im "profil" ventilierten Idee einen einzigen kleinen Vorwurf nicht ersparen: Sie wird irgendwie nicht konsequent genug zu Ende gedacht. Denn ein paar lumpige Tausender pro EU-Bürger würden möglicherweise nicht genug Kaufkraft schaffen, um Europas Konjunktur so richtig zu beleben. Viel effizienter wäre doch, gleich zu klotzen statt zu kleckern. Eine runde Million Euro pro Bürger, das wäre doch was, damit würden Häuser gebaut, Autos gekauft und neue Sitzgarnituren angeschafft, dass es nur so eine Freude wäre. Europas Wirtschaft würde einen einmaligen Boom erleben, die Arbeitslosigkeit verschwände, ein goldenes Zeitalter bräche an.

Wirtschaftspolitische Spaßbremsen, kleinliche Bedenkenträger und andere ökonomische Analphabeten wenden ein, dies würde nur Inflation und Hyperinflation herbeiführen. Aber dass man beliebig viel Geld drucken kann, ohne dass Inflation entsteht, haben uns zuletzt viele Notenbanker eingebläut; dass währenddessen der Preis praktisch aller Realwerte explodiert ist, hat bekanntlich eher mit dem Klimawandel, göttlichem Willen oder der Sonnenaktivität zu tun, aber doch nicht mit dem Gelddrucken.

Die Erfolg versprechende Aktion "Eine Million für jeden" sollte man für maximale Wirkung durch ein paar kleine juristische Maßnahmen ergänzen und etwa Haftstrafen für Banknotenfälscher ersatzlos streichen. Denn wer Geld druckt und in Umlauf bringt, ist ja in Wahrheit ein Wohltäter, der den Konsum ankurbelt, Jobs schafft und für Wachstum sorgt. Geldfälscher in Haft sind demnach Justizopfer, die sofort befreit, rehabilitiert und entschädigt gehören. Zu überlegen wäre auch, private Geldproduktion aus Mitteln der EU-Strukturfonds zu subventionieren, um möglichst viele Start-ups in diesem Gewerbe zu ermöglichen.

Denn so wird Europas Wirtschaft sicher genesen. Ganz sicher.