Das Wiener Unternehmen ist weltweit führender Musiksaiten-Hersteller.
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Wien.
Das traditionsreiche Wiener Unternehmen Thomastik-Infeld ist einer der drei wichtigsten Musiksaiten-Hersteller weltweit. Auf den in Handarbeit angefertigten Saiten haben schon Anne-Sophie Mutter, Mstislav Rostropovich, Itzhak Perlman oder Pinchas Zukerman und auch Jazzer wie Ray Brown oder Herb Ellis gespielt. Konzertmeister des New York Philharmonic Orchestra und Rainer Küchl, Konzertmeister der Wiener Philharmoniker, finden sich regelmäßig bei Thomastik-Infeld ein. An der Spitze steht die gebürtige Kroatin Zdenka Infeld.
"Meine Mitarbeiter sind für mich wie meine Kinder. Wir sind eine recht große, multikulturelle Familie", sagt Infeld und betritt mit schnellem Schritt die Werkstatt im fünften Wiener Gemeindebezirk. Die dort produzierten Saiten für Streich- und Zupfinstrumente stehen weltweit für Qualität in bester österreichischer Musiktradition. Die geborene Kroatin Zdenka Infeld ist die "Mutter" der knapp 200 Arbeiter und Angestellten aus zehn unterschiedlichen Nationen. Über deren Wünsche und Anliegen erkundigt sie sich persönlich auf Kroatisch, Deutsch und Englisch. Zufriedenheit am Arbeitsplatz sei eben wichtig. Zu Geburtstagen oder Jubiläen von Mitarbeitern bringt sie zuweilen einen selbst gebackenen Kuchen oder kroatische Spezialitäten mit. In ihrer Heimat sei es selbstverständlich, gemeinsam zu feiern. Darauf legt sie in ihrem unmittelbaren Umfeld Wert.
"Ein erfolgreiches Unternehmen muss soziale Verantwortung tragen", betont Infeld. Sie sieht darin eine Fortsetzung der Familientradition ihres verstorbenen Mannes, die Unternehmenserfolg und sozial orientierte Führung paart. Auch die nachhaltige Unternehmensstrategie "Wachsen, aber nicht um jeden Preis" habe sich bewährt.
Das im Jahr 1919 gegründete Unternehmen hatte nach dem Zweiten Weltkrieg 20 Mitarbeiter. Bis heute wurde diese Anzahl verzehnfacht. Thomastik-Infeld produziert rund 3000 verschiedene Saiten und ist in einigen Bereichen Weltmarktführer. Exportiert wird in mehr als 95 Länder. "Kontakte mit Japan und Südkorea am Morgen, mit dem Mittleren Osten um die Mittagszeit und mit Nord- und Südamerika am Nachmittag - so ist es eben in einem stark international orientierten Unternehmen wie dem unseren", sagt Infeld. Interkulturelle Kompetenz helfe bei der Kommunikation.
Zdenka Infeld wurde in Zagreb, Kroatien, geboren. 20 Jahre jung verlor die zweifache Mutter bei einem Unfall ihren ersten Mann und lag lange im Spital. Es folgten zwölf Jahre Arbeit als Qualitätskontrolleurin bei einem Pharmahersteller, gleichzeitig machte sie eine Ausbildung für die Restauration von antiken Möbeln und eignete sich Wissen über Schmuck, Bilder und Porzellan an. "Ich erfüllte mir den Traum und baute einen Handel mit Antiquitäten auf", erzählt Infeld. Der Krieg in den 90er Jahren unterbrach für kurze Zeit das Geschäft.
Bewegtes Leben zwischen Kroatien und Österreich
Geschäftskontakte nach Österreich pflegte sie schon vorher. "Zum ersten Mal begegnete ich Peter Infeld im Jahr 1984", berichtet Zdenka Infeld. Der österreichische Unternehmer und Sammler hatte Interesse an jugoslawischer Kunst. Zwei Jahrzehnte später, im Jahr 2005, haben beide geheiratet. "Wenn man sein gewohntes Umfeld aufgibt, benötigt es eine gewisse Zeit, um sich anderswo soziale Kontakte der gleichen Intensität aufzubauen", meint Infeld. Der Saitenproduzent, Kunstsammler, Sänger und Mäzen Peter Infeld starb völlig unerwartet im April 2009. Seitdem steht seine Witwe dem Unternehmen alleine vor, Unterstützung bekommt sie von Peter Infelds Sohn Robert. Das erklärte Ziel der Infelds: Die Nummer eins bei der Herstellung von Streichersaiten zu bleiben und die Leidenschaft für Kunst weiter zu verbreiten.
Die Verbindung zu Kroatien lag Peter Infeld sehr am Herzen. Er unterstützte Musikeinrichtungen im Kroatien und errichtete im Sommer 1999 auf der kroatischen Insel Krk eine Galerie. "Ein Tag, an dem ich kein Bild erwerbe oder erwerben möchte, ist wie ein verlorener Tag", sagte er. Seit Ende der 60er Jahre baute er eine der bedeutendsten Kunstsammlungen Österreichs auf. Naive Kunst aus Kroatien zählt zu den Schwerpunkten. Im Infeldschen Besitz sind auch Werke von Klimt, Kokoschka, Picasso, Warhol und Hundertwasser.
"Mein Mann sagte: Investition in Kultur ist nie verlorenes Geld", erinnert sich Infeld. Am 8. Mai wäre Peter Infeld 70 Jahre alt geworden. An sein Schaffen werden 2012 drei Ausstellungen und zwei Gedenktafeln erinnern. Die erste Ausstellung mit Werken des "phantastischen Realisten" Arik Brauer wurde eben am Freitag im "Haus der Kultur" in Halbturn eröffnet. Der Landtagspräsident des Burgenlandes Gerhard Steier enthüllte eine Gedenktafel für Peter Infeld, der das ehemalige Jagdhaus des Schlosses Halbturn in ein Kulturzentrum umgebaut hatte. Heute finden im "Infeld Haus der Kultur" Ausstellungen, Konzerte und Lesungen statt. Mehrmals jährlich organisiert seine Witwe Ausstellungen in Österreich und Kroatien mit Exponaten der Sammlung "Infeld".