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Die Welt der Mimen ist gestern Nacht keine andere geworden. So lautet die frohe Botschaft, die der europäische Zuseher während der frühmorgendlichen Live-Ausstrahlung des Oscar 2003 mit in den Tag nehmen konnte. Eigentlich sollte die 75. Verleihung der Academy-Awards zu einer Protest-Show gegen den Krieg werden. Doch alles verlief nach Plan.
Die Zeremonie wurde heruntergespult, die goldenen Statuetten Stück für Stück vergeben, vor Rührung hemmungslos geschluchzt, nach den passenden Dankesworten gesucht, glamourös die neue Kleiderordnung zur Schau gestellt (man trug bevorzugt Schwarz) und schließlich auf jene vergessen, die dem Ereignis aus Gründen der Pietät fernblieben. Überraschend war dann auch nicht, dass der "übliche Verdächtige" Michael Moore aus der Reihe tanzte und seine knappen
45 Sekunden nützte, um gegen den Krieg mit einem "Schande über Sie, Mr. Bush!" zu wettern.
Friedensappelle kamen noch von anderen, wie von Adrien Brody oder Academy-Präsident Pierson, der sich eigens dafür im Rampenlicht zeigte, um der Welt Frieden zu wünschen. In Schach gehalten wurde der Abend von der schalen Moderation eines Steve Martin, der mit basalem humoristischen Rüstzeug das Publikum auf seine Weise unterhielt. Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit feierte man also einmal wieder sich selbst und bestätigte ganz nebenbei die These, dass die Academy tatsächlich eine unpolitische Institution zu sein hat: eine eigene Welt, in der politische Kritik unangebracht ist. Im Teletext prangte übrigens die ganze Nacht nur eine Nachricht: "Wieder Bombennacht in Bagdad."