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Eine Neuberufung um jeden Preis?

Von Christa Karas

Wissen
Christa Fonatsch, Wolfgang Schütz, Markus Hengstschläger: Wie wird der Rektor entscheiden? Foto: meduni wien/univie

Experten warnen Uni-Rektor Schütz vor diesem Schritt. | Leitungsbewerber umstritten und unter schwerer Kritik. | Wien. Eloquent, populär, amüsant, ORF-"Radiodoktor", Bestsellerautor seit er "Die Macht der Gene" schrieb und Leiter der Abteilung für Medizinische Genetik der Uni-Klinik für Frauenheilkunde in Wien: So kennt die breite Öffentlichkeit Univ.-Prof. Markus Hengstschläger, den jungen Fachhumangenetiker aus Linz, der schon im Alter von 24 Jahren promovierte und in Yale (USA) forschte.


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Nicht nur bei der "Lebenshilfe Österreich" sieht man Hengstschläger allerdings differenzierter. Deren ethische und fachliche Bedenken führten dazu, dass sein Lehrbuch "Biomedizin: Die Genetik des Menschen" (zugelassen für 8. Klassen der AHS) im Vorjahr kurz nach Erscheinen eingestampft werden musste, weil es Menschen mit Behinderung "höchst diskriminierend" darstellte.

In der Folge nahmen sich Fachleute auch des Buches "Die Macht der Gene" an und kamen zu Urteilen wie etwa Prof. Eberhard Passarge (emeritierter Direktor des Instituts für Humangenetik am Universitätsklinikum Essen): Nicht nur fehle dem Buch die wissenschaftliche Grundlage und der genetische Determinismus ziehe sich durch wie ein roter Faden. "Schlimmer als die zahlreichen falschen, unklaren oder oberflächlichen Aussagen ist, dass ein schiefes Bild der modernen Humangenetik vermittelt wird", habe doch gerade diese "auf vielfältige Weise belegt, dass der Mensch nicht einem genetischen Determinismus unterliegt."

Im April dieses Jahres sah sich dann die Österreichische Gesellschaft für Humangenetik dazu veranlasst, irreführende und inkorrekte Darstellungen Hengstschlägers und seines Kollegen Univ.-Prof. Wilfried Feichtinger über eine von ihnen nur vorgeblich neu entwickelte Gen-Chip-Technologie zur Polkörperdiagnostik in den Medien deutlich zu korrigieren.

Peinlicher Brief

Hengstschläger focht dies nicht an. Obwohl er in der wissenschaftlichen Fachwelt nahezu unbekannt ist und als Fachhumangenetiker nicht Medizin studiert hat, also "weder inhaltlich noch formal für die ärztlichen Aspekte des Fachs qualifiziert ist" (Passarge), drängte es ihn an das Department für Medizinische Genetik der Uni Wien, das Univ.-Prof. Christa Fonatsch in 13 Jahren härtester Arbeit aufgebaut und zu einer weltweit anerkannten Institution gemacht hat.

Dieser Drang gipfelte im Juni dieses Jahres in einer sich "unter normalen Umständen selbstqualifizierenden Ungeheuerlichkeit", so Univ.-Prof. Gerd Utermann (Department für Medizinische Genetik der Uni Innsbruck) in einem Schreiben an Univ.-Prof. Wolfgang Schütz, Rektor der Medizinischen Universität Wien. - Was war da geschehen?

Just als Fonatsch aus aller Welt Gratulationen zu ihrem 65. Geburtstag erhielt und das Fachmagazin "Medizinische Genetik" die exzellente Wissenschafterin mit einer großen Laudatio würdigte, hielt Hengstschläger den Zeitpunkt für gekommen, ihr einen Brief an Schütz zu präsentieren, in dem er sich als Nachfolger vorschlug und voraussetzte, dass sie ihre Unterschrift darunter leisten würde:

"Mit Herrn Univ.-Prof. Mag. Dr. Hengstschläger" - schreibt Hengstschläger darin mit ein paar Fehlern - "schlagen wir einen jungen heute 40jährigen Professor für die Leitungsfunktion des Departments vor, der in den letzten zehn Jahren eindrucksvoll durch sehr viele Letzt- und Corresponding-Autorenschaften in internationalen Topjournalen und durch seine beeindruckende Einwerbung von Drittmitteln bewiesen hat, dass er junge KollegInnen bei Ihrer Forschung in diesem Fachbereich leiten und unterstützen kann..."

Rektor mit Problem

Zu dieser Kühnheit hatte ihn der Rektor wohl ermutigt, als er Hengstschläger und dessen Mitarbeiter im April dieses Jahres dem Department von Fonatsch zugeordnet hatte, worauf nun einige von deren Mitarbeitern dort abgingen. Schütz hat nun ein ziemliches Problem, liegen ihm doch Stellungnahmen einer Reihe unabhängiger Fachleute wie jene von Passarge vor: "Nach meiner Auffassung würde die Medizinische Universität Wien mit einer solchen Berufung einen schwerwiegenden Fehler machen und sich national und international der Lächerlichkeit preisgeben."