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In letzter Zeit haben immer mehr Freunde und (vor allem) Freundinnen von "Ally McBeal" geschwärmt, und wenn eine Sendung oft genug empfohlen wird, muss man sie sich auch anschauen. Weil man mitreden will. Darin liegt der gemeinschaftsstiftende Effekt des Fernsehens.
Vorgestern Abend war es also soweit: Ich habe um 22.05 Uhr "VOX" eingeschaltet und "Ally McBeal" betrachtet. Ich wusste schon, dass es hier um eine amerikanische Anwältin geht, die schön, jung und erfolgreich ist, aber zugleich von all den Problemen gequält wird, die man die "zwischenmenschlichen" zu nennen pflegt. Am Dienstag ging es um ein verpatztes "Thanksgiving"-Dinner. Ally lud Freundinnen und Freunde zum traditionellen Truthahnessen ein, und ihre Eltern stießen auch dazu. Dabei stellte sich heraus, dass Allys Vater gerade eine Affaire mit der Frau von Allys ehemaligem Liebhaber begonnen hat. Große emotionale Konfusion war die Folge, Vorwürfe und Bekenntnisse wurden ausgetauscht: "Ich hatte ein Verhältnis mit einem Penis. Zufällig war ein Mann dran", beichtete z. B. Allys Mutter. Doch waren nicht alle Bemerkungen von solch brachialem Witz. Andere Szenen bewegten sich auch zielstrebig auf die Kitschgrenze zu. So beschloss Ally z. B. am Ende pathetisch, weiterhin an die Kraft ihrer Träume zu glauben. Und da war ich mir nicht ganz sicher, ob ich die Sendung so gut fand wie meine Freunde und (vor allem) Freundinnen. Aber wahrscheinlich muss ich ihr eine zweite Chance geben. Freunde beurteilt man ja auch nicht nur nach dem ersten Eindruck.