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Effizienz und Einhebungskosten als wesentliche Kriterien. | Steuer brächte dem Staat nichts. | Wieder einmal ist in Österreich die Einführung einer Vermögenssteuer im Gespräch. Steuergerechtigkeit würde ja gemäß dem Prinzip gleichen Opfers verlangen, dass Wohlhabendere progressiv höher besteuert werden. Und gerade in einer Zeit schrumpfenden Volkseinkommens bietet sich zum Zweck der Deckung steigender Finanzbedarfe bei rückläufigen Staatseinnahmen eine Vermögenssteuer besonders an.
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Gegenwärtig gibt es in Österreich keine allgemeine Vermögenssteuer. Genauer: Es existiert eine Vermögenssteuer des Bundes, doch wurde diese vor Jahren auf null gesetzt. Sie wurde bewusst nicht abgeschafft, damit nicht andere österreichische Gebietskörperschaften - Länder oder Gemeinden - auf die Idee kämen, ihrerseits eine Vermögenssteuer einzuführen. Also in Finanznöten: Her mit einer Vermögenssteuer!
Nur leider, leider: Wer in Österreich nach Revitalisierung der Vermögenssteuer ruft, beweist lediglich, dass er die Probleme der österreichischen Steuerstruktur nicht kennt - ja sogar, dass er zentrale Wirtschaftszusammenhänge nicht begreift.
In globalisierter Wirtschaft wird das hehre Prinzip der Steuergerechtigkeit so gut wie bedeutungslos. Zwei andere Prinzipien gewinnen Vorrang: Erstens das Prinzip kostengünstiger Steuereinhebbarkeit, anders ausgedrückt die Maxime: hoher Steuerertrag bei relativ geringen Steuereinhebungskosten. Wer noch die Wirtschaftsgespräche unter Bundeskanzler Kreisky in Erinnerung hat, weiß, wie sarkastisch sich der damalige Finanzminister und spätere Vizekanzler Androsch zur geringen Ertragskraft und den hohen Einhebungskosten der damaligen Vermögenssteuer äußerte.
Gefahr der Schrumpfung
Das zweite zu beachtende Prinzip ist das der gesamtwirtschaftlichen Effizienz einer Steuer. Gerade in den Zeiten einer Weltwirtschaftskrise kann nämlich eine Vermögenssteuer auf unternehmerisches Kapital zu verschärfter Wirtschaftsschrumpfung führen und damit insgesamt eine Reduktion der Steuereinnahmen bewirken.
Bei einer allgemeinen Vermögenssteuer muss Finanzkapital annähernd gleich hoch wie Grundvermögen besteuert werden, insbesondere wie der Wert von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen. Die Einheitswerte von Grundvermögen wurden jedoch in Österreich immer niedriger angesetzt: Ein Einheitswert von nur 5 Prozent des Kauf- und Verkaufswertes ist keine Seltenheit.
Eine prozentuell gleich hohe Besteuerung einerseits von Finanztiteln, die voll in Euro bemessbar sind, andererseits von Einheitswerten von Grundstücken verstößt jedoch offensichtlich gegen den Gleichheitssatz. Es war ja auch die unmittelbar drohende Verfassungsklage wegen Gleichheitswidrigkeit, die einst zur "Stilllegung" - recte: Auf-Null-Setzung - der Vermögenssteuer führte. Angesichts dieser gefährlichen Steuerschere hatte ich in den 80er Jahren, als die Vermögenssteuer noch existierte, in einer Diskussion im Finanzministerium vorgeschlagen, eben die Einheitswerte von Grundstücken anzuheben.
Noch heute ist mir der schmerzliche Aufschrei des sozialdemokratischen Diskussionsvorsitzenden, des für Finanzfragen damals zuständigen Abgeordneten Ewald Nowotny, heute Gouverneur der Notenbank, im Ohr: Bei der Unzahl der potenziell betroffenen Häuselbauer und Wohnungseigentümer fürchtete er um eine Unzahl sozialdemokratischer Stimmen. Es ist das eine Besonderheit von Österreich: Im internationalen Vergleich gesehen, haben wir besonders viele Wohnungseigentümer.
Bleibt nur eine Vermögenssteuer rein auf das Finanzkapital. Aber das würde in der heutigen Zeit mit durch EU-Recht geschütztem freien Kapitalverkehr nur zur Verlagerung der Finanzvermögen von Privaten ins Ausland führen.
Bekanntlich lagert ohnehin bereits ein Drittel allen Finanzvermögens in sogenannten "Offshore"-Finanzoasen. Der Kenner weiß, dass, zumindest für Ausländer, auch Österreich selbst sich als solch eine Finanz oase gebärdet. Im Falle einer Vermögenssteuer auf Finanzkapital wäre dieser Steuervorteil weg, und die - legale - Verlagerung von Finanzkapital ins Ausland würde, netto betrachtet, nur zu schweren Wirtschaftsschäden führen. Weiters würden die Österreicher wegen der Gefahr einer Vermögensbesteuerung weniger sparen, wieder mit großen Nachteilen für den Kapitalmarkt. Besonders schwere Schäden entstünden bei der Vermögensbesteuerung des Kapitals von Unternehmen: In einer Wirtschaftskrise haben sehr viele Unternehmen keine Gewinne; wenn sie dann noch Vermögenssteuer zahlen müssten, wären sie gezwungen, zuzusperren oder wenigstens Investitionen zu unterlassen. Insgesamt also: Eine Vermögenssteuer wäre wirtschaftsschädigend und brächte netto selbst dem Staat nichts.
Etwas geringere Probleme würden bei einer Vermögenszuwachsabgabe auftreten. Freilich wäre das ein Versuch, Pferde zu besteuern, die längst nicht mehr im Stall sind: Der rechte Zeitpunkt ist verpasst. Die überwiegende Mehrheit der Bürger hat nun per Saldo Verluste geschrieben. Die wenigen zu suchen, die per Saldo Gewinne gemacht haben und diese im Inland zu halten, wäre nur eine kaum etwas bringende Sisyphusarbeit für Finanzbeamte.
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