Was der Norm entspricht, ist nicht immer gut. Zumindest für Handwerker.
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Wien. Muss ein Tischler aus Hintertupfing Türen und Fenster zertifizieren lassen, damit sie einer bestimmten Norm entsprechen? Ja, heißt es aus Brüssel. Es soll sichergestellt sein, dass es sich um ein feuerbeständiges, einbruchsicheres Produkt handelt.
Nein, nicht unbedingt, entgegnen Handwerks-Vertreter. "Die individuelle Fertigung und die Kreativität gehen verloren, wenn man nur mehr Produkte herstellen darf, die genehmigt und zertifiziert sind", klagt Konrad Steindl, Obmann der WKO-Sparte Gewerbe und Handwerk. Zudem würde die Zertifizierungsmaschinerie einen enormen Verwaltungs- und Kostenaufwand verursachen.
Bis Mitte Juli muss sich etwa ein Großteil der Metallbaubranche einer Zertifizierung unterziehen, um hergestellte Produkte mit einem CE-Kennzeichen versehen zu können. Die europäische Norm EN1090 macht dies erforderlich, etwa für Tragwerke aus Stahl und Aluminium. Bei der Zertifizierung haben die Hersteller nachzuweisen, dass sie über qualifiziertes Personal und geeignete betriebliche Einrichtungen verfügen. Die Kosten dafür schätzen Branchenvertreter auf bis zu 10.000 Euro.
EU-weit dieselbe Qualität
Aus Sicht des Normungsinstituts Austrian Standards Institute (ASI) ist das CE-Kennzeichen quasi der "Reisepass der Produkte". Vor allem bei grenzüberschreitenden Transaktionen werden Informations-Ungleichgewichte zwischen Anbietern und Käufern verringert. Ein Verbraucher kann sich darauf verlassen, dass ein Treppengeländer hält, ob es aus Österreich kommt oder aus Bulgarien.
Auch Helmut Heindl von der Sparte Gewerbe und Handwerk ist Qualität ein Anliegen. Diese werde in Österreich durch die Lehrabschlussprüfung und Qualitätsstandards in den Betrieben ohnehin erfüllt. Er wünscht sich, dass Branchen stärker zur Sinnhaftigkeit einer Normeneinführung konsultiert werden. Nachsatz: "Es muss jede Knackwurst genormt werden." Seit 1994 hat sich die Zahl der Normen in Österreich vervierfacht. Aktuell gibt es laut ASI rund 24.000 Normen - zu Themen von der Agrarwirtschaft bis zur Zahnmedizin. Rund 80 Prozent haben europäischen oder internationalen Ursprung.