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Eine Ortstafel-Lösung, aber doch irgendwie eine unbefriedigende

Von Wolfgang Zaunbauer

Analysen

"Ein Kompromiss, das ist die Kunst, einen Kuchen so zu teilen, dass jeder meint, er habe das größte Stück bekommen." Geht es nach diesem Satz des früheren deutschen Bundeskanzlers Ludwig Erhard, dann ist die Einigung zu den Kärntner Ortstafeln ein schlechter Kompromiss, denn viele Kärntner Slowenen haben das Gefühl, dass für sie höchstens Krümel übrig bleiben. Schlimmer noch: Man kann wohl kaum von einem guten Ergebnis reden, wenn sich einer der Verhandler nach den Gesprächen "erniedrigt und gedemütigt" fühlt. Da muss etwas falsch gelaufen sein. Das Bild der gutgelaunten Verhandler ist da nicht mehr aufrechtzuerhalten.


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Dass es eine Einigung gegeben hat, ist ja an sich nicht schlecht. Ob der Kompromiss angesichts der Vorgeschichte "geradezu sensationell" ist, wie Ex-VfGH-Präsident Ludwig Adamovich sagt, ist allerdings wohl eher eine Frage des Standpunkts. Aber es gibt eine Einigung. Zwischen 150 und 160 Südkärntner Orte bekommen zweisprachige Ortstafeln.

Das ist zwar weniger als von den Slowenenvertretern gefordert, aber mehr als die 141 von Wolfgang Schüssel und Jörg Haider 2006 paktierten - und am Veto der SPÖ gescheiterten - Ortschaften. Die genaue Zahl wird im Laufe der Woche feststehen.

Etwas sperrig ist die Hürde von 17,5 Prozent slowenischsprachigem Bevölkerungsanteil. Gut, sie liegt zwischen den vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen 25 Prozent und den von den Verfassungsrichtern in ihrer Judikatur durchgängig angewandten 10 Prozent. Ein Mittelwert, aber kein Kompromiss, denn aus Sicht der Höchstrichter waren die zehn Prozent wohl kein Vertragsangebot, sondern eine Höchstgrenze. Außerdem saß ja nicht der VfGH am Verhandlungstisch, sondern die Volksgruppenvertreter - und für die sind sogar 10 Prozent noch zu hoch.

Seis drum, die 17,5 Prozent sind beschlossen - und einmal als Verfassungsgesetz verabschiedet, können selbst die Verfassungsrichter nichts mehr daran ändern.

Gerhard Dörfler - so sieht es zumindest aus - wird als der Landeshauptmann in die Geschichte Kärntens eingehen, der den Ortstafelstreit beigelegt hat. Dazu musste er unter den Kärntner Freiheitlichen zweifellos viel Überzeugungsarbeit leisten. Trotzdem bleibt ein schaler Nachgeschmack: 17,5 Prozent ist weder großzügig noch volksgruppenfreundlich. Und dass Valentin Inzko, der Chefverhandler der slowenischen Volksgruppe, trotz vermeintlichem Kompromiss in einem einsprachig beschrifteten Ort leben muss, weil dort der Anteil nur 15,4 Prozent beträgt, darf getrost als Demütigung bezeichnet werden.

Dörfler und Staatssekretär Josef Ostermayer wollten eine Einigung, die sie ihren Leuten in Kärnten verkaufen können. Sie haben sich geeinigt. Aber befriedigend ist das nicht.

Siehe auch:Lösung mit schalem Beigeschmack