Zum Hauptinhalt springen

Eine Polit-Bombe rollt auf Haider zu

Von Walter Hämmerle

Analysen

Haider droht der lange Schatten der Rosenstingl-Affäre: Ein Richter will ihn bei der Staatsanwaltschaft anzeigen. | Die FPÖ trägt ihre erstinstanzliche Niederlage im Prozess gegen die eigene Ex-Parteichefin Susanne Riess-Passer mit äußerlicher Fassung - und unverhohlener innerlicher Freude. Denn die Sache um den Vorwurf missbräuchlicher Verwendung von Parteigeldern ist längst noch nicht abgeschlossen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Zum einen zeigt sich die FPÖ wild entschlossen, das Verfahren bis vor den Obersten Gerichtshof zu tragen - "und wie der in dieser Causa entscheidet, kann wirklich niemand sagen", ist der freiheitliche Justizsprecher und Parteianwalt Peter Fichtenbauer überzeugt.

Das ist sozusagen der selbstverständliche Teil der Fortsetzungsgeschichte und von daher nur von beschränkter Brisanz. Die zweite Fortsetzung ist dagegen von einem ganz anderen Kaliber und kommt einer veritablen politischen Bombe gleich.

Werner Engers , Richter am Innsbrucker Landesgericht, der den Prozess gegen Riess-Passer leitete, will Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider bei der Staatsanwaltschaft anzeigen. Das hat Engers selbst den Prozessparteien mitgeteilt. Der Grund: Im Zuge dieses Verfahrens hat sich der Verdacht erhärtet, Haider habe in seiner Rolle als FPÖ-Obmann Ende der 90er Jahre Gelder des freiheitlichen Parlamentsklubs missbräuchlich verwendet.

Konkret geht es dabei um die Causa Rosenstingl. Diese hatte die FPÖ Niederösterreich 1998 an den Rand des finanziellen Ruins geführt, als der damalige FPÖ-Nationalrat Peter Rosenstingl versuchte, die Geflügelfirma seines Bruders zu retten. Dabei vergriff er sich allerdings an fremdem Vermögen - und eben auch an Parteigeldern und Krediten, die eigentlich dem Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender zugestanden wären.

Ein Schöffensenat wertete das im Jahr 2000 als gewerbsmäßigen schweren Betrug in Verbindung mit Untreue, der Gesamtschaden belief sich auf 3,74 Millionen Euro. Rosenstingl wurde zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt.

Offensichtlich vermutet Engers, dass auch Mittel des FPÖ-Klubs beim Versuch verwendet wurden, Schadensbegrenzung in dieser Causa zu üben. Die Strafanzeige soll gleichzeitig mit der schriftlichen Ausfertigung des Urteils aus dem Riess-Passer-Prozess an die Staatsanwaltschaft gehen.

Beim Innsbrucker Gericht gibt man sich nach außen noch zugeknöpft. Für Vizepräsident Thomas Lechner hat die Sache noch den Status einer Absichtserklärung. Im Bewusstsein, dass ein solcher Schritt gehörig Staub aufwirbeln würde, will man hier besonders vorsichtig agieren.

Tatsächlich hat der lange Schatten der Rosenstingl-Affäre enorme Sprengkraft für Haider - und damit zugleich für das gesamte BZÖ. Immerhin ist es kein unwesentlicher Unterschied, ob diverse politische Gegner den Kärntner Landeshauptmann anzeigen oder ob dies ein Berufsrichter von Amtswegen tut.

Spät, aber doch, könnte damit der lange Schatten der Rosenstingl-Affäre Haider einholen. Kein Wunder, dass man sich im blauen Lager ob der Aussichten auf weitere Kalamitäten des orangen Häuptlings die Hände reibt.