)
Endlich ist es soweit: Der Kindergarten ist gratis, das Wundermittel gegen Mütter am Herd und Sprachprobleme. Leider bringen so toll klingende politische Maßnahmen unangenehme Nebenerscheinungen mit sich, doch wen kratzt das schon?
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Erstes Problem: Was heißt denn genau "gratis"? Da es ja wohl nicht bedeutet, dass irgendeine Einrichtung für eine Leistung kein Geld mehr verlangt, kann es nur bedeuten, dass die Aufwendungen dafür aus dem Steuertopf kommen werden. Auf Grund der gähnenden Leere der Staatskassen bedeutet der "Gratis"-Kindergarten schlicht und einfach nur, dass in den jetzt schon übervollen Schulden-Rucksack, den die Kindergartenkinder bereits mit sich herumtragen müssen, nochmals etwas hineingepackt wird. Die Kinder zahlen sich ihren Kindergartenbesuch also selber - zuzüglich anfallender Zinsen.
Die zweite Nebenerscheinung ist, dass es ab sofort vorbei ist mit der Eigenständigkeit der bisher privat geführten Kindergärten. Um in den "Genuss" von Förderungen zu kommen, müssen sich die Kindergärten nämlich einer Reihe sehr komplizierter Regeln und Vorgaben unterwerfen. Gab es bisher sehr individuelle und unbürokratische Möglichkeiten der Gestaltung des Alltags im Kindergarten, so gibt es jetzt starre und komplizierte Regeln. Natürlich müsste kein privater Kindergarten hier mitmachen, doch die Politik geht so vor wie immer: Entweder übt sie unmittelbaren Zwang aus oder sie setzt so massive Anreize, dass ein Ausscheren zu kostspielig erscheint.
Das dritte und vielleicht größte Problem ist der Zwang zum letzten Kindergartenjahr. Dieser letzte Schritt wird über kurz oder lang in allen Bundesländern kommen. Die unmittelbare Auswirkung wird relativ gering sein, da sowieso der Großteil der Fünfjährigen einen Kindergarten besucht. Es ist jedoch eine grundlegende Frage. Wie weit darf der Zugriff des Staates auf die Kinder gehen? Warum müssen sich selbst organisierende Kindergruppen im völlig privaten Rahmen oder kinderreiche Familien, die keinen Bedarf haben, ihre Kinder nun für ein Jahr abgeben? Nur weil es derzeit eh schon alle tun - das ist ein lächerliches Argument. Mit derselben Begründung könnte man auch das morgendliche Aufstehen gesetzlich vorschreiben.
Die Politik hat es wieder geschafft: Eine Scheinlösung wird auf Kosten freier, politikloser Gesellschaftsräume präsentiert. Koste es, was es wolle. Geld ist abgeschafft.
Langfristig ist klar, was passieren wird: Die ehemals privaten, nunmehr halb-
öffentlichen Kindergärten werden sich in ihrem Niveau den öffentlichen anpassen, woraufhin es wieder neue, unabhängige Kindergärten geben wird. Diese werden dann wohl verboten werden, da es offenbar nichts geben darf, was nicht unter öffentlicher Kontrolle steht. Schade drum.
Patrick Minar ist Mitgründer der Public Affairs-Agentur Red Carpet Opinionleader Consulting GmbH und betreibt nebenbei den liberalen Weblog www.ichbinsofrei.at.