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Eine Post-Hypo-Wahl

Von Wolfgang Liu Kuhn

Politik

Die Karten werden neu gemischt: Ob Kaiser wieder Landeshauptmann wird, ist durch das freie Spiel der Kräfte nicht gewiss.


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Klagenfurt. Selten gab es auf der politischen Landkarte Kärntens eine derart heftige Erschütterung als am 3. März 2013: Die amtierende FPK unter Landeshauptmann Gerhard Dörfler rasselte von knapp 45 Prozent aus dem Jahr 2009 auf unter 17 Prozent. Als Wahlsieger feierte Peter Kaiser mit der SPÖ 37 Prozent Stimmenanteil, es folgten die ÖVP mit rund 14 Prozent, die Grünen mit zwölf Prozent und das Team Kärnten mit elf, das BZÖ schaffte es knapp in den Landtag.

Es war die Rechnung der Wähler für zahlreiche Korruptionsskandale, welche die vorgezogenen Wahlen überhaupt erforderlich machten: Part Of The Game, Hypo, die Birnbacher-Affäre, aus Landesmitteln finanzierte Wahlbroschüren, Ermittlungen gegen Uwe Scheuch und Harald Dobernig und nicht zuletzt der etwas zu selbstbewusste Umgang der orangen Parteispitze mit den genannten Vorwürfen.

Fünf Jahre später werden die Karten neu gemischt. Landeshauptmann Peter Kaiser ist die Schubkraft von 2013 abhandengekommen, auch spürt er den türkis-blauen Gegenwind, den der bundesweite Trend nach Kärnten getragen hat. Die bisherigen Prognosen sehen zwar keine Umwälzung der politischen Verhältnisse, doch es dürfte für die Sozialdemokraten schwierig werden, die auf zwei Perioden ausgelegte Koalition mit der ÖVP und den Grünen fortzuführen.

Mit der Regierungsarbeit oder der Person Peter Kaiser hat dies wenig zu tun - dieser hat als Landeshauptmann eine respektable Figur abgegeben, was die Wähler honorieren dürften. Zudem verweist Kaiser auf Erfolge wie eine Trendwende am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft, eine neue Landesverfassung, die Abwicklung des Hypo-Debakels, eine abgewehrte Pleite des Landes sowie das zurückgewonnene Ansehen. Auch das Wahlprogramm mit den Schwerpunkten Kinderbetreuung, Bildung, Mindestlohn und Sicherheit dürfte kaum auf Widerstand in der Wählerschaft stoßen.

Selbst die Causa Top Team um mutmaßliche Scheinrechnungen an eine SPÖ-Werbeagentur dürfte sich aus derzeitiger Sicht nicht auf den Wahlkampf auswirken - am Montag hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bekannt gegeben, dass die Anklage gegen Kaiser fallen gelassen wurde.

Zum ersten Mal keine Proporzregierung

Doch der Landeshauptmann tritt unter geänderten Spielregeln an: Erstmals wird die Landesregierung nämlich nicht nach dem Proporz gebildet, womit es keine proportionale Zuteilung der Regierungsämter mehr gibt, sondern Mehrheiten gesucht und gefunden werden müssen. Das wiederum bringt die ÖVP ins Spiel. Der Landesrat-Wechsel von Wolfgang Waldner zu Christian Benger hat eine neue Dynamik in die Koalition gebracht, in welcher der studierte Forstwirt öfter auf Konfrontation ging. Öffentlichkeitswirksam vertrat er die Interessen der schwarzen Stammwählerschaft; zum Beispiel, als er sich gegen eine Ausweitung der "Natura 2000" Schutzflächen sperrte und mit seinem grünen Koalitionspartner und Landesrat Rolf Holub zusammenkrachte. Im Wahlprogramm heben die Türkisen das Stichwort "Reformen" hervor: Neben hoher Verschuldung, Arbeitslosigkeit und Abwanderung sieht man bei der niedrigen Geburtenrate Handlungsbedarf.

Die Abwanderung war und ist auch dem Landeshauptmann ein Anliegen. So war es eines seiner erklärten Ziele, die Abwanderung zu stoppen. Kärnten ist aber noch immer das einzige Bundesland mit einem Bevölkerungsabgang.

Im Koalitionspoker kokettiert Benger mit der Ansage, dass die ÖVP jeden zum Landeshauptmann wählen würde, der bereit sei, Reformen im Land umzusetzen - was wiederum auf die FPÖ unter Spitzenkandidat Gernot Darmann anspielen könnte. Der erhofft sich nach dem historischen Absturz bei der letzten Wahl kräftige Zugewinne, wobei Platz eins als Wahlziel zuletzt wieder in den Hintergrund gerückt ist. Im Wahlkampf setzt das Mitglied eines Mittelschüler-Kartellverbands bisher auf eher gemäßigte Töne, auch bei möglichen Koalitionspartnern möchte er niemanden ausschließen. Programmatisch stellt Darmann das Thema Sicherheit in den Mittelpunkt, die Polizei soll personell aufgestockt werden, außerdem setzt er sich für eine Stärkung der Lehre und gegen die Schließung von Volksschulstandorten ein.

Immerhin haben es die Blauen in Kärnten mit ihrem verhältnismäßig bedächtigen Auftritt geschafft, dass keine Partei eine Koalition mit ihnen ausschließen will - abgesehen von den Grünen. "Die Grünen machen nicht Blau", betont Spitzenkandidat Rolf Holub, der jedoch selbst mit einigen Problemen zu kämpfen hat. Im Vorjahr hat sich die Liste "F.A.I.R." um die ehemalige Landessprecherin Marion Mitsche von den Grünen abgespalten, diese bangen nun um den Wiedereinzug in den Landtag. Am ehesten ist dieser über ein Grundmandat in Klagenfurt zu erreichen. Die Grünen setzen daher voll auf ihren Langzeit-Spitzenkandidaten und traditionelle Kernthemen wie Umwelt- und Naturschutz.

Bei einem etwaigen Ausscheiden der Grünen aus dem Landtag könnte das Team Kärnten unter Gerhard Köfer Zünglein an der Waage werden. Köfer, einst SPÖ-Bürgermeister in Spittal/Drau und 2013 Stronach-Kandidat, versucht es dieses Mal alleine. Der Wahlkampf ist auf seine Person zugeschnitten, viele seiner einstigen Mitstreiter haben sich abgewandt - und dann gab es da noch eine E-Mail-Affäre um die Ehefrau eines Parteifreundes, die vor allem von den Boulevardmedien begeistert aufgenommen wurde.

Zehn Parteien stellensich der Wahl

Programmatisch hat sich Köfer zum Ziel gesetzt, die Pro-Kopf-Verschuldung und die Armut in Kärnten zu bekämpfen. Sein Wiedereinzug in den Landtag ist jedoch ebenso fraglich wie der des BZÖ. Die Orangen um Obmann Helmut Nikel sehen sich als die politisch legitimen "Erben Jörg Haiders" und wollen bei Wohnbau, Pflege, Krankenanstalten und Bildung den Hebel ansetzen.

Die Fünf-Prozent Hürde ist auch für andere Gruppierungen der Knackpunkt, insgesamt treten zehn Parteien zum Wahlgang an. Zum ersten Mal kandidieren die Neos, die eine Wahlgemeinschaft mit der Plattform "Moja juzna koroska - Mein Südkärnten" eingegangen sind. Ihnen werden geringe Chancen eingeräumt, ebenso der erwähnten Liste "F.A.I.R.", der Gruppe "Verantwortung Erde" und den Kommunisten, die nur in drei Wahlkreisen antreten.