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"Heute ist ein denkwürdiger Tag. Wir schreiben Geschichte." Also sprach Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein von der FPÖ am Donnerstag zum Beschluss der Sozialversicherungsreform im Nationalrat. Damit werden die 21 Sozialversicherungsträger zu fünf fusioniert. Im Wesentlichen erfolgt eine Trennung zwischen Privatangestellten, Beamten und Selbständigen. Wovon natürlich die Privatangestellten diejenigen sind, die die größte Volatilität beim Einkommen haben. Der Schwerpunkt liegt auf der Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen (GKK) zu einer Österreichischen Gesundheitskasse. Davon sind rund 7 Millionen der insgesamt 8,7 Millionen Versicherten betroffen. Alle neun Gebietskrankenkassen verfügen gemeinsam über ein Budget von 14,5 Milliarden Euro, jenes aller Krankenkassen beträgt insgesamt 19,2 Milliarden Euro. Man sieht also schon an diesen Zahlen, dass die Reform den Großteil der Versicherten betrifft. Zumindest in diesem Sinn ist die Rede von der "großen Reform" tatsächlich gerechtfertigt.
Trotzdem hat es sich die Regierung sehr einfach, zu einfach gemacht. Sie macht aus neun strukturell gleichen Krankenkassen eine. Mit dem Argument, dass für gleiche Beiträge eine gleiche Leistung zu erfolgen hat. Das ist einleuchtend und wird wohl jeder Versicherte im Land unterschreiben. Aber genau das wird von den Gebietskrankenkassen bereits umgesetzt, die Angleichung ist fast vollständig abgeschlossen. Das Prinzip "gleiche Leistung für gleiches Geld" wird aber fragwürdig, wenn man die GKK mit der Selbständigenversicherung, in die künftig auch die Bauern kommen, und noch fragwürdiger, wenn man die Beamtenversicherung, in die die Eisenbahner fusioniert werden, vergleicht.
Ja, Selbständige und Beamte haben einen Selbstbehalt, aber dafür sind die Leistungen um ein Vielfaches besser - und Patienten mit diesen Versicherungen werden bei sehr vielen Ärzten bevorzugt behandelt: Das Schild "Nur kleine Kassen" bedeutet, dass die Versicherten der "großen" Gebietskrankenkasse hier eine Honorarrechnung bezahlen und diese bei der Kasse einreichen, von der sie aber nur einen Bruchteil zurückbekommen.
Wir reden hier also von einem System, in dem Versicherte der Gebietskrankenkassen Patienten zweiter Klasse sind. Dieses System wird beibehalten, weil man sich an eine große Reform, bei der alle Versicherten tatsächlich gleichbehandelt werden, nicht drübertraut. Da ist schon der Verfassungsgerichtshof vor, der eine Vermischung der Versicherten nicht zulässt. Man möchte ja niemandem unterstellen, auf seinen eigenen Vorteil bedacht zu sein. Aber anmerken darf man schon, dass Politiker und Richter in der komfortablen Beamtenversicherung eingerichtet sind.