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42 Tage in seinem Zimmer eingesperrt. Das kostet uns in Zeiten wie diesen lediglich ein Schulterzucken. Kommt für die meisten im Corona-Lockdown ziemlich genau hin. Und der eine oder andere wird bezeugen: Ja, da wird man schon ein wenig wunderlich. Nun stellt sich heraus: Alles schon dagewesen. Mit seinem Roman "Voyage autour de ma chambre" (Reise durch mein Zimmer) hat der Schriftsteller Xavier de Maistre (1763 bis 1852) sozusagen das Genre der "Zimmer-Reisen" mitbegründet, aus dem sich im 19. Jahrhundert ein echter Trend entwickelte. Die Ursache für den unfreiwilligen Lockdown des Autors war jedoch Banalerem geschuldet. Der junge Offizier hatte sich verbotenerweise duelliert und dafür besagten Stubenarrest ausgefasst.
Jeden dieser Tage hielt der 27-Jährige als ein Kapitel fest. Vom Bett zum Lehnstuhl und weiter zum Schreibtisch, an der Wand entlang oder im Zickzack. Zu den Büchern auf dem Regal, bis in die hinterste Schublade: Er findet Briefe aus seiner Jugendzeit, die viele glückliche Momente wachrufen, aber auch eine verdorrte Rose, trauriges Andenken an eine Frau. Das Bett als "Wiege, Thron der Liebe und Grab zugleich".
De Maistre haucht den Alltagsgegenständen Leben ein. Vermutlich ist der Franzose mit der Idee, den Lockdown zum Verfassen eines Buches zu nutzen, nicht allein. Wir werden sehen, ob (Corona geschuldet) jetzt eine neue Generation an Zimmer-Autoren durch die Vorhänge das Licht der Welt erblickt. Aber bitte ohne vorheriges Duell!