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"Eine Riesen-Enttäuschung"

Von Katharina Schmidt

Politik

Der Regierungsentwurf zum Amtsgeheimnis sorgt bei Experten und Opposition für Ärger.


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Wien. Die Zufriedenheit währte nur kurz. Hatten die beiden größten parlamentarischen Verfechter eines Transparenzgesetzes, Grüne und Neos, zunächst noch vorsichtigen Optimismus walten lassen, verblasste dieser nach detaillierterer Lektüre des aktuellen Regierungsentwurfs. Am Dienstag hatte Kanzleramtsminister Josef Ostermayer einen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz in Begutachtung geschickt, dessen Ziel die Abschaffung des Amtsgeheimnisses sein soll.

Stattdessen sollen alle Behörden, Gerichte und rechnungshofgeprüfte Unternehmen alle "Informationen" automatisch der Allgemeinheit zugänglich machen - außer, dies würde dem Datenschutz, wirtschaftlichen oder militärischen Interessen widersprechen. Seitens des Koalitionspartners jubelte die Junge ÖVP von Sebastian Kurz über die Erfüllung eines lang gehegten Wunsches.

Doch der Teufel liegt wie immer im Detail: "Wir sehen mehrere Probleme", sagt der Justizsprecher der Grünen, Albert Steinhauser. Die Grünen wären für die Regierung der logische Partner zur Sicherstellung der notwendigen Zweidrittel-Mehrheit im Parlament. Für Steinhauser sind die Ausnahmemöglichkeiten zu weit gefasst - "durch die Hintertür einfacher Gesetze ist es außerdem möglich, weitere Ausnahmen festzulegen". Weiters bemängelt er die fehlende Einrichtung eines Informationsfreiheitsbeauftragten, der in Streitfällen vermitteln und - wie in Slowenien - Exekutionsrechte haben könnte. Ostermayer hatte den Verzicht auf eine solche Einrichtung, die im ursprünglichen Entwurf 2013 noch vorgesehen war, mit Sparmaßnahmen gerechtfertigt. Steinhauser pocht nun aber zumindest auf eine ähnliche Regelung, die den Rechtsschutz der Bürger gewährleistet. Schließlich befürchtet der Grüne - wie auch Beate Meinl-Reisinger von den Neos - einen "Transparenzdschungel", ausgelöst durch zehn unterschiedliche Gesetze auf Bundes- und Landesebene.

Runder Tisch am 7. April

Grüne und Neos wollen am 7. April jedenfalls an dem Runden Tisch zum Thema teilnehmen, zu dem die NGO Transparenzgesetz.at die Vertreter aller Parteien geladen hat. Mehr Zusagen hat deren Mitinitiator, Josef Barth, noch nicht. Er stößt sich neben den vielen Ausnahmegründen vor allem an der Formulierung, wonach auch dann keine Auskunft erteilt werden muss, wenn es "zur Wahrung anderer gleich wichtiger öffentlicher Interessen durch Bundes- oder Landesgesetz ausdrücklich angeordnet ist". Da weder definiert noch ausjudiziert sei, was unter "gleich wichtigen öffentlichen Interessen" zu verstehen ist, könnten sich die Gesetzgeber jederzeit darauf zurückziehen und Auskunft verweigern, so Barth. Und ohne Informationsfreiheitsbeauftragten muss der Betroffene wieder auf eigenes Risiko und Kosten vor einen der Gerichtshöfe ziehen.

Alles andere als zufrieden ist auch der ehemalige Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler, der an der Konzeption eines eigenen Gesetzesentwurfs für Barths Initiative beteiligt war. "Nach all den Ankündigungen im vergangenen Jahr haben wir wesentlich mehr erwartet, vielleicht war das zu optimistisch." Der Entwurf sei keine Verbesserung gegenüber dem existenten Auskunftspflichtgesetz. Den Anliegen der Gruppen, die sich bisher schon damit beschäftigt haben, "wird keine Rechnung getragen", sagt Fiedler, für den das Papier eine "Riesen-Enttäuschung" ist. Auch der Umweg über neun Landesgesetze wäre nicht nötig gewesen: Man hätte im Verfassungsgesetz eine Gesamtzuständigkeit des Bundes vorsehen können.

In der Begutachtung, die noch sechs Wochen läuft, dürfte sich also jede Menge Ärger entladen. Wenn der Entwurf tatsächlich, wie von Ostermayer vorgesehen, noch vor dem Sommer beschlossen werden soll, wird er wohl adaptiert werden müssen. Oder aber die FPÖ ist bereit, der Regierung ohne Änderungen eine Zweidrittel-Mehrheit zu gewährleisten.