Zum Hauptinhalt springen

Eine riesige Eiche ist umgefallen

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Mit den Worten "Eine riesige Eiche im Wald des öffentlichen Dienstes ist umgefallen" gab Freitag Senator Ernst Hollings aus South Carolina Nachricht vom Tod des 100-jährigen Strom Thurmond, mit dem er 36 Jahre lang gemeinsam im US-Senat gesessen war. Thurmond hatte erst zu Beginn des Jahres seinen Sitz im US-Senat aufgegeben, den er seit 1954 ununterbrochen innegehabt hatte, bis 1964 für die Demokraten, danach für die Republikaner.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Thurmond hatte mit seiner 49-jährigen Amtszeit im US-Senat gleich mehrere Rekorde aufgestellt. Er war der längstdienende Senator, mit 100 Jahren auch der bei weitem älteste und 1957 hatte er mit einer Filibusterrede über 24 Stunden und 18 Minuten, mit der er ein Bürgerrechtsgesetz verhindern wollte, auch den Rederekord vorgegeben, der seither nicht überboten wurde.

Mit hundert gelang es ihm auch noch indirekt, den designierten republikanischen Mehrheitsführer im US-Senat zu stürzen. Trent Lott hatte während der Geburtstagsfeier für den 100-Jährigen gemeint, wenn dieser 1948 die Präsidentschaftswahlen gewonnen hätte, hätte das Land "die ganzen Jahre über nicht all diese Probleme gehabt". 1948 war Thurmond als Repräsentant konservativer Südstaatendemokraten für die "Dixiecrat Party", die sich für die Beibehaltung der Rassentrennung einsetzte, in die Wahlen gezogen. Während Thurmond in seinen späteren Jahren im Senat seine Haltung in der Rassenfrage gemäßigt hatte, stürzte Lott über seine Bemerkungen.

Thurmond, am 5. Dezember 1902 in Edgefield in South Carolina geboren, studierte Landwirtschaft und Jus, wirkte als Lehrer und Sporttrainer und trat 1933 sein erstes politisches Amt als Senator in seinem Heimatstaat an.

Im zweiten Weltkrieg war er ab 1942 in der Armee, nahm 1944 an der Invasion in der Normandie teil und kämpfte später im Pazifik. Mit 18 Auszeichnungen - darunter das französische Kriegsskreuz und der Orden der belgischen Krone - kehrte er 1946 in die USA zurück. Auf Anhieb wurde er zum Gouverneur von South Carolina (1947 - 1951) gewählt. 1947 heiratete er zum erstenmal - seine um 23 Jahre jüngere Sekretärin Jean Crouch, die 1960 einem Gehirntumor erlag.

1948 trat Thurmond bei den Präsidentschaftswahlen an und gewann 39 Wahlmänner in vier südlichen Bundesstaaten. Nachdem ein erster Versuch, in den Senat einzuziehen 1950 fehlgeschlagen war, wurde er ab 1954 ununterbrochen bis 1996 wiedergewählt.

Thurmond galt als strenger Gegner der Bürgerrechtsgesetzgebung, trat 1960 gegen die Kandidatur John F. Kennedys auf und wechselte 1964 von den Demokraten zu den Republikanern. Thurmond wusste aber später in der Rassenfrage die Zeichen der Zeit zu erkennen und nahm 1971 erstmals einen Farbigen in sein Senatsteam auf. 1983 unterstütze er den Gesetzesvorschlag, den Geburtstag von Martin Luther King Jr. zum Feiertag zu machen - im Gegensatz zu manchen Parteikollegen aus dem Süden.

1968 heiratete Thurmond ein zweitesmal, die damals 22-jährige Nancy Moore, eine Miss South Carolina. Der Ehe, die 1991 getrennt wurde, entstammen vier Kinder. Erst in der Vorwoche wurde Thurmond zum erstenmal Großvater.