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"Eine Sache des Prinzips"

Von Bettina Figl

Politik

Im Nationalrat sollen am Donnerstag Studiengebühren beschlossen werden.


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Als sie lautstark in die versammelte Menge vor der Hauptuni Wien einmarschierten, stahlen die Flüchtlinge den Studenten fast die Show, indem sie ihre Parolen schlichtweg übertönten. Verdatterte Blicke und betretenes Schweigen, bis ein Student in der Menge sagt: "Ich glaube, ich bin auf der falschen Demo."

Ist er nicht. Den Protesten am Mittwoch in Wien haben sich auch Menschen der Erstaufnahmestelle Traiskirchen angeschlossen, die seit über einer Woche vor der Votivkirche ihr Protestcamp aufgeschlagen haben. Doch kurz darauf stimmen alle gemeinsam den Sprechchor an: "No border, no nation, free education."

Insgesamt sind in Wien einige hundert Studenten – laut Polizei 350, laut Österreichischer Hochschülerschaft (ÖH) 800 bis 1000 –, dem Aufruf der Studentenvertreter gefolgt, um für freien Hochschulzugang und gegen Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen zu demonstrieren. Damit lag die Beteiligung unter den Erwartungen der Veranstalter: Die ÖH hatte mit 2000 bis 3000 Teilnehmern gerechnet. In Salzburg waren rund 150, in Innsbruck rund 50 Personen auf die Straße gegangen.

"Verschultes Studium passt nicht zu meinem Leben"
Doch jene, die trotz teils heftigem Regen gekommen waren, taten ihre Unzufriedenheit lautstark kund: "Die verschulte Art des Studiums passt nicht zu meinem Leben", klagt Sandro Kapeller, der mit Frau und Kind zur Demo in Wien gekommen war. Für den Politikstudenten geht es sich zwischen 30-Stunden-Job und Kindergarten manchmal nicht aus, Seminararbeiten zu einer bestimmten Uhrzeit abzugeben. Seinen 5-jährigen Sohn Niko hat er zur Demo mitgenommen "um ihm zu zeigen was Demokratie ist". Interesse dürfte jedenfalls vorhanden sein: Niko greift nach dem knallgelben Transparent und fragt: "Was steht da?" Fortan zieht er mit dem Slogan "Wir lassen uns nicht erpressen – für freien Hochschulzugang" zum Heldenplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfindet.

Unterdessen kritisierte SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl die Proteste. Immerhin handle es sich um die Reparatur jenes Gesetzes, das vor den Wahlen 2009 noch als "Abschaffung" der Studiengebühren beschlossen wurde. Sie sei "überzeugt, dass dies ein gutes Verhandlungsergebnis ist", daher fehle ihr "jedes Verständnis dafür, dass jetzt zu Demonstrationen ,gegen die Wiedereinführung von Studiengebühren‘ aufgerufen wird."

Die Wiedereinführung der Gebühren soll am heutigen Donnerstag im Nationalrat beschlossen werden. Mit der neuen Regelung müssen ab dem Sommersemester 2013 Studierende 363,36 Euro pro Semester zahlen, wenn sie die Mindeststudienzeit um zwei Semester übersteigen. Für Studenten aus Nicht-EU-Ländern sind es – unabhängig von der Dauer – 726,72 Euro. Rund 15 Prozent aller Studierenden sollen von den Gebühren betroffen sein.

"Nur ein erster Schritt"
David Heuser, Student der Erdwissenschaften, treffen die Gebühren nicht. Für ihn ist es dennoch ein "Skandal", dass Studenten aus Drittstaaten doppelte Studiengebühren berappen sollen, da diese oft ohnedies finanziell schlechter gestellt seien. Gebühren seien zudem "nur ein erster Schritt", und auch durch die geplante Studienplatzfinanzierung in 19 weiteren Fächern würde "Bildung immer mehr zur Ware".

Oliver Maus, Student der Theaterwissenschaften, sieht das ähnlich: "Nicht nur jene die Geld haben, sollten Zugang zu Bildung haben." Wenngleich er nicht zu den Gebührenzahlern gehört: "Ich bin nicht wegen mir hier. Das ist eine Sache des Prinzips."