Paul Gludovatz steht mit seinen Riedern im Cup-Finale. Und das als Favorit. Der Gegner, Austria Lustenau, steckt seit dem Oberhaus-Abstieg im Jahr 2000 in der Zweitklassigkeit fest und wartet seither auf den Wiederaufstieg. Angesichts des Cup-Erfolges fragt man sich, warum?
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Die Vorarlberger blamierten im Viertelfinale die Austria in Wien mit 4:0 und ließen dieser Sensation eine weitere Überraschung in Kapfenberg folgen. Und irgendwie passen diese Ergebnisse zu einer kuriosen Meisterschaftssaison, in der Ried nach wie vor Chancen auf das Double hat, in der der Aufsteiger Innsbruck Rapid mit 4:0 putzt, Krösus Salzburg daheim gegen Kapfenberg verliert und im Cup von einem Regionalligisten abgeschossen wird und die Austria ganz plötzlich eine Pleite nach der anderen erlebt.
Das wiederum passt ganz und gar nicht zu jener Tendenz, die sich seit gut vier Jahren im österreichischen Fußball abzeichnet. Denn dreimal hintereinander waren die selben vier Klubs am Ende der Saison vorne, nämlich Salzburg, Rapid, Austria und Sturm. Und auch in diesem Jahr - trotz allem - könnte der Zieleinlauf auf den vorderen Rängen so aussehen.
Gludovatz nennt diese Klubs fast liebevoll "die großen Vier". Sie haben sich budgetär, infrastrukturell und organisatorisch vom Rest abgesetzt. Es sind mittelständische Unternehmen geworden, während von Mattersburg bis eben Austria Lustenau in der Ersten Liga nach wie vor klassische Vereinsstrukturen dominieren, in denen der Präsident das Sagen hat.
Nur die SV Ried kann einigermaßen mithalten. Sie ist auch der einzige Klub, der in den vergangenen Jahren aus sehr wenig sehr viel machte, wo eine Entwicklung stattfand. Und zwar auch abseits des Felds. Es wurde eine Nachwuchsakademie und ein Stadion gebaut, zudem herrscht im Klub eine hohe Stabilität, die sich auch auf dem Rasen zeigt.
Nach einer sehr dynamischen Ära in der Bundesliga, in der Tirol und der GAK kreditfinanzierte Titel gewannen und anschließend pleitegingen, in der Gönner wie Frank Stronach und Franz Grad Europa erobern wollten und Sturm Graz Geld ausgab, das es nicht hatte, hat die Liga zur Ruhe gefunden. Und zu klaren Hierarchien.
Man hat sich so schnell an diese Hierarchie gewöhnt, dass man die laufende Saison, in der es nicht ganz so eindeutig zugeht, gleich als Kuriosum sieht. Man vergisst: Sturm war 2004 Neunter, Rapid 2002 Achter, die Austria 1999 Siebenter. In Deutschland kämpfen Werder und Wolfsburg gegen den Abstieg und bis vor kurzen sogar Schalke 04. Übrigens als Halbfinalist in der Champions League. Man kann es also auch einfach sagen: So ist der Fußball.
Siehe auch:Der Verband als Verlierer