Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Was für ein Wiedersehen! Seit zwei Wochen wiederholt der Sender Kabel 1 am Freitagabend die Serie "Twin Peaks", die zu Beginn der 90er Jahre für Furore gesorgt hatte. Das Krimi-Puzzle rund um den Tod der Studentin Laura Palmer, von Regisseur David Lynch mit Versatzstücken aus Horror-, Fantasy- und Experimentalfilmen angereichert, galt als Prototyp einer neuen Serien-Ästhetik im Fernsehen. Lose Schnittfolgen, ungewöhnliche Einstellungen, eine unüberschaubare Menge an handelnden Personen und eine unorthodoxe Dramaturgie der Ereignisse sorgten für Verwirrung und Faszination.
Beim nunmehrigen Wiedersehen überwiegt das Alte das Neue, die Vertrautheiten sind stärker als die Irritation. Einerseits hat man sich an schräge Bilder, die mittlerweile auch andere Serien und Filme verwenden, gewöhnt, andererseits tritt einem der ganze Haufen aus dem fiktiven nordamerikanischen Städtchen tatsächlich wie eine Schar alter Bekannter entgegen: Hallo, lange nicht gesehen, noch immer - oder gar schon wieder - in das mysteriöse Netz aus Mord, Intrigen und Erotik verstrickt? Wahrscheinlich ist man als Zuschauer erst jetzt so richtig reif für die vielen Facetten und Feinheiten dieser herrlich abseitigen Serie. Selbst wenn man die "Lösung" des Rätsels noch in Erinnerung hat (auch die war höchst abseitig), tut das der Spannung und dem Vergnügen keinen Abbruch, denn um die Aufklärung ging es Lynch ja nur so nebenbei. Und eindrücklicher als das Wiedersehen ist vielleicht sogar noch das Wiederhören: Angelo Badalamentis prickelnde Fanfaren und Leitmotive. Alleine sie garantieren wohlige Gänsehaut knapp vor Mitternacht.