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Die Folgen der Flüchtlingskrise begleiten auch das Budget für 2017: Mehr Staatsbedienstete, mehr | Geld für Arbeitsmarkt und Bildung und etwas weniger für Pensionen. Die Schulden sinken dank Heta-Abbau.
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Wien. Das von der Regierung vorgelegte Budget 2017 sieht Einnahmen von 73,159 Milliarden Euro und Ausgaben von 77,457 Milliarden Euro vor. Nach einem für heuer erwarteten kräftigen Anstieg sinkt das administrative Defizit damit wieder auf 4,3 Milliarden Euro. Das auf EU-Ebene maßgebliche strukturelle Defizit soll bei 0,5 Prozent und damit im vorgegebenen Rahmen und nahe dem Nulldefizit liegen. Das gelingt aber nur, wenn man die Folgekosten der Flüchtlingskrise hier herausrechnet. Ansonsten läge es bei 0,9 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung Österreichs. Ein Überblick:
Integration und Sicherheit
Im Zuge der Flüchtlingskrise haben im Vorjahr 89.000 Menschen einen Asylantrag in Österreich gestellt. Etwas mehr als die Hälfte wird mittels positivem Asylbescheid hierbleiben. Die Flüchtlingskrise macht sich auch im Budget für 2017 bemerkbar, und zwar mit genau 2,055 Milliarden Euro. So viel ist für Grundversorgung, Integrationsmaßnahmen aber auch für Sicherheit vorgesehen. Nicht eingerechnet ist hier die Mindestsicherung. Die ist Ländersache. Entsprechende Zahlen sollen in den kommenden Wochen vorgelegt werden.
Weil das Budget für Flüchtlinge 2014, also vor der Krise, bei 600 Millionen Euro lag, soll die EU 1,4 Milliarden Euro nun als Sonderkosten anerkennen, die auch nicht ins strukturelle Budgetdefizit eingerechnet werden. 884 Millionen fließen in die Grundversorgung, 138 Millionen sind für Asylverfahren geplant, 133 Millionen für Integrationsmaßnahmen wie Deutsch- und Wertekurse. Die Hilfe vor Ort, also die frei verfügbaren Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit, sind mit 61 Millionen budgetiert. Für die Arbeitsmarktpolitik bekommt Sozialminister Alois Stöger 338 Millionen Euro.
Auch im Bereich Sicherheit wird, angesichts der erhöhten Terrorgefahr, aufgestockt. Das Innenministerium bekommt insgesamt 440 Millionen Euro mehr und verfügt damit über 3,47 Milliarden. Das Verteidigungsbudget wird um 246 Millionen auf 2,32 Milliarden aufgestockt. Außerdem bekommt das Bundesheer rund 200 Millionen für Ersatzaufgaben, die es für die Polizei erledigt, etwa für das Bewachen der Botschaften. Aufgestockt wird auch beim Personal. Der Personalplan des Finanzministers sieht für das kommende Jahr 1258 neue Planstellen vor. Insgesamt steigt die Zahl der öffentlich Bediensteten auf 138.535 Planstellen. 900 Personen mehr bekommt das Innenministerium, 60 das Bundesverwaltungsgericht, 37 Stellen mehr soll es in der Justizwache geben. Zusätzliches Personal gibt es auch für die Schulen bei der Betreuung der Flüchtlingskinder.
Schulden, Einnahmen und Ausgaben
Im kommenden Jahr stehen Einnahmen in der Höhe von 73,156 Milliarden Euro Ausgaben von 77,457 Milliarden gegenüber. Die Neuverschuldung beträgt damit satte 4,3 Milliarden. Immerhin, es war schon einmal schlimmer. Im Vorjahr betrug die Neuverschuldung nämlich 6,5 Milliarden. Bis 2020 soll die Neuverschuldung auf 2,1 Milliarden sinken.
Auch die Staatsschulden sind rückläufig. Die Staatsschuldenquote beträgt heuer 83,2 Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung (BIP) und soll im kommenden Jahr auf 80,9 Prozent sinken. Bis 2020 soll sie dann nur noch 74 Prozent des BIP betragen. Das ist zu einem Gutteil der Bankenaltlasten wie etwa der Heta zu verdanken, die jetzt allmählich abgebaut werden. "Allein der Heta-Abbau bringt auf einen Schlag eine Milliarde weniger an Schulden", so Finanzminister Hans Jörg Schelling vor Journalisten.
Ab dem kommenden Jahr soll zudem die 2011 vom Parlament beschlossene Schuldenbremse greifen. Diese sieht vor, dass das strukturelle Defizit ab kommendem Jahr 0,45 Prozent des BIP nicht übersteigen soll.
Bildung
Im Bildungsbudget sind Mehraufwendungen von rund 560 Millionen Euro gegenüber dem Jahr davor und damit insgesamt 8,6 Milliarden Euro eingeplant. Laut Bildungsministerium fließen 80,8 Prozent des Budgets in Lehrerkosten. 7,8 Prozent werden für die Schulmieten aufgewendet und 3,6 Prozent für die Schulverwaltung. Die wichtigste Herausforderung im Bildungsbereich ist die Integration schulpflichtiger Flüchtlingskinder in das System. Dafür wurde bereits 2016 ein Betrag von 63,8 Millionen Euro zusätzlich berücksichtigt. 2017 erhöht sich das Budget für diese Zielsetzung um 80 Millionen Euro. Mit diesen Mitteln werden vor allem zusätzliche Sprachförderkurse und Sprachstartgruppen, begleitende pädagogische Integrationsmaßnahmen, Lehrgänge und Kurse etwa für die Basisbildung und Alphabetisierung finanziert. Der Ausbau der schulischen Tagesbetreuung wird auch im Jahr 2017 fortgeführt. Dafür werden wie bisher 160 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt.
Eine strukturelle Herausforderung bleibt, dass Schülerzahlen und die Kosten für die Schulverwaltung weiter auseinanderdriften. Erstere sind seit dem Schuljahr 2005/2006 um 13,8 Prozent gesunken, die Ausgaben im Bereich der allgemeinbildenden Pflichtschulen hingegen um 34,7 Prozent gestiegen. Aktuell betragen die Kosten für einen Schüler in der primären Schulstufe 11.000 Euro pro Jahr. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 8000 Euro.
Die Schließung der strukturellen Lücke im Bildungsbudget ist erneut vertagt worden. Statt nun mit dem am Mittwoch vorgelegten Budget soll diese erst im Februar 2017 angegangen werden - also nach Abschluss des neuen Finanzausgleichs und der Bildungsreform. Die strukturelle Lücke entstand durch die nicht vollständige Abgeltung von Gehaltssteigerungen der Lehrer.
Die Mehrausgaben für Bildung werden durch niedrigere Ausgaben als erwartet in der Rubrik Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie ausgeglichen. Sie liegen um gut eine Milliarde Euro unter den im Frühjahr erwarteten Zahlen. Eine Milliarde soll die Neuregelung der Bankenabgabe für den Bildungsbereich bringen, im Budget für 2017 sind diese Mittel allerdings noch nicht berücksichtigt. Noch fehlt nämlich das entsprechende Gesetz, in dem die Einmalzahlungen der Geldinstitute geregelt sind. Laut Finanzministerium wird dieses aber noch heuer kommen.
Wissenschaft und Forschung
Wissenschaft und Forschung seien "unverzichtbare Voraussetzungen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze, für die Erhaltung der österreichischen Wettbewerbsfähigkeit sowie für nachhaltiges Wirtschaftswachstum", heißt es im Budgetbericht. Für diesen Bereich sind 4,4 Milliarden Euro, also um 84 Millionen mehr als 2016, vorgesehen. Darin inkludiert sind die Unis, die für 2016 bis 2018 in Summe 9,73 Milliarden Euro erhalten, um 615 Millionen mehr als in der vorigen Periode. Das bedeutet ein Plus von 19,8 Millionen Euro für 2017. Dazu kommen 42,5 Millionen Euro für Klinikbauten im Bereich des Klinischen Mehraufwands am AKH-Wien.
Zudem soll der Ausbau der vom Bund geförderten Studienplätze an Fachhochschulen vorangetrieben werden. Ziel ist der Ausbau auf 50.000 Studienplätze. Darüber hinaus werden die Fördersätze erhöht, die die Fachhochschul-Erhalter vom Bund bekommen. Durch diese beiden Maßnahmen erhöht sich das Budget für die Fachhochschulen von 281,6 Millionen 2016 auf 294,6 Millionen Euro 2017.
Die Erhöhung der Mittel für die Grundlagenforschung um 100 Millionen Euro wird auch im Jahr 2017 fortgeführt werden. Österreich soll bis 2020 zum Innovationsführer werden. Das soll durch ein umfassendes Maßnahmenpaket im Bereich Bildung, Grundlagenforschung, Innovation, Governance und Finanzierung ermöglicht werden, unter anderem durch eine Steigerung der Forschungs-und-Entwicklungsquote auf 3,76 Prozent.
Soziales
Bei den Pensionszuschüssen will man 2017 um rund 90 Millionen Euro weniger ausgeben, insgesamt sind das immer noch 10,7 Milliarden Euro. Die Maßnahmen, die zur Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters und der Beschäftigungsquote Älterer führen, werden fortgesetzt. Im Ministerratsvortrag vom März 2016 wurde die Neugestaltung der bestehenden Pensionskommission zu einer "Alterssicherungskommission" vereinbart. Darüber hinaus werden auf Basis der von den Sozialpartnern geführten Gespräche Maßnahmen zur Reintegration vor Pension mit dem Ziel eines längeren Verbleibs im Erwerbsleben gesetzt. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) pocht weiterhin auf eine Einmalzahlung für Pensionisten.
Das Pflegegeld wurde ab 1. Jänner 2016 in allen Pflegegeldstufen um zwei Prozent erhöht. Diese Maßnahme verursacht Kosten von etwa 50 Millionen Euro im Jahr und kommt rund 455.000 pflegebedürftigen Menschen zugute. Der Pflegefonds wurde von 2016 bis 2018 verlängert. 2015 und 2016 kamen respektive kommen 300 Millionen Euro respektive 350 Millionen Euro zur Auszahlung, 2017 werden es ebenfalls 350 Millionen Euro sein.
Durch die Gesundheitsreform soll bis 2016 ein Ausgabendämpfungspotenzial von kumuliert 3,4 Milliarden Euro generiert werden. Der mit 6,8 Milliarden Euro dotierte Familienlastenausgleichsfonds ist primäres Instrument des Bundes zur Unterstützung von Familien. Aus ihm werden die Familienbeihilfen gezahlt. Den Erhöhungen 2014 und 2016 folgt eine Steigerung um 1,9 Prozent ab 1. Jänner 2018.
Arbeitsmarkt
Die Arbeitsmarktkosten explodierten, sagte Finanzminister Schelling in Hinblick auf die Flüchtlingssituation und die steigende Arbeitslosenrate von 9,4 Prozent für 2017. 338 Millionen Euro sind für Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge geplant. Man schätzt, dass nicht mehr als zehn Prozent der Flüchtlinge kurzfristig am Arbeitsmarkt integrierbar seien und der Großteil in der Mindestsicherung landet. Gleichzeitig will man der steigenden Arbeitslosigkeit durch eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Älterer entgegenwirken. Für die Beschäftigungsinitiative sind 2017 circa 175 Millionen Euro vorgesehen. Um die Arbeitslosigkeit von Frauen zu reduzieren, gibt es seit Jahren die Vorgabe an das Arbeitsmarktservice, zumindest 50 Prozent der Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Frauen zu verwenden. Insgesamt muss Österreich laut Schelling rund zehn Milliarden Euro für Arbeitslosengeld und Fördermaßnahmen aufwenden.
Wirtschaftspolitische Maßnahmen
Ab kommendem Jahr sinkt der Arbeitgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichszahlungsfonds um 0,4 Prozentpunkte und 2018 um weitere 0,2 Prozentpunkte. Für Unternehmer bedeutet das rund eine Milliarde weniger an Lohnnebenkosten pro Jahr. Im Rahmen der beschlossenen Start-up-Förderung sollen Lohnnebenkosten von bis zu drei Mitarbeitern für drei Jahre mit insgesamt 100 Millionen gefördert werden.
Zudem wird der Handwerkerbonus um ein Jahr verlängert und ist mit rund 20 Millionen Euro dotiert. 110 Millionen Euro sind für den Breitbandausbau vorgesehen. Ab dem kommenden Jahr sinkt auch die Bankenabgabe von aktuell 500 Millionen Euro auf 100 Millionen.
Wo gespart wird
Wegen der gestiegenen Ausgaben in Bereichen wie Sicherheit, Bildung oder Arbeitsmarkt wird im kommenden Jahr anderorts gespart. Verkehrs- und Infrastrukturminister Jörg Leichtfried bekommt für den Verkehrsbereich um 14,7 Millionen Euro weniger. Das Umweltressort muss auf 19,3 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr verzichten. Im Bereich Wirtschaft und Infrastruktur sind um 300 Millionen Euro weniger und damit insgesamt 9,38 Milliarden Euro eingeplant.