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Grabenkampf um Dienstleistungen beendet. | Vorteile für Klein- und Mittelbetriebe. | Es ist vollbracht. Die EU hat eine Dienstleistungsrichtlinie. Läuft alles nach Plan, tritt sie Anfang 2007 in Kraft. Das ist ein großer Erfolg für Österreichs EU-Vorsitz. Er hat nicht nur einen bizarren politischen Grabenkampf beendet, sondern die Verwaltungsvereinfachung als zentrales Element der Richtlinie auf den Weg gebracht.
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Von den handfesten Erleichterungen profitieren vor allem dienstleistende Klein- und Mittelbetriebe. Drei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie können sie bei einem Ansprechpartner pro Mitgliedsland sämtliche Formalitäten erledigen. Es dürfen keine zusätzlichen Genehmigungen oder Mitgliedschaften in nationalen Verbänden verlangt werden. Auf eigenen Internetseiten müssen die EU-Länder den Dienstleistern sämtliche Anforderungen für die Niederlassung oder das vorübergehende Wirken im Land auflisten.
Davon war in der politischen Diskussion wenig zu hören. Denn die Dienstleistungsrichtlinie wurde von den Gewerkschaften und manchen politischen Parteien zu einem grauenvollen Monster hochstilisiert, dass nichts weniger als die Zerstörung des sozialen Europas bezwecke. Dabei wollte der frühere Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein lediglich der schon im EG-Vertrag von 1957 verbrieften Dienstleistungsfreiheit auf die Sprünge helfen.
Nicht weniger als 90 Hindernisse lokalisierte die Kommission 2002. Oft musste man die Staatsangehörigkeit des Ziellandes haben oder eine Niederlassung vor Ort. Langwierige Genehmigungsverfahren und komplexe Instanzenwege gab es zu absolvieren - für Klein- und Mittelbetriebe oft unüberwindliche Hürden.
Doch Bolkesteins Konzept war für viele zu starker Tobak. Angeblich haben ja der "Bolkestein-Hammer" und ein durch ihn drohendes Lohn- und Sozialdumping beigetragen, dem EU-Verfassungsvertrag in Frankreich und den Niederlanden Niederlagen zu bereiten.
Das Herkunftslandprinzip war als Begriff nicht zu halten. Blieb den im EU-Parlament in der Minderheit befindlichen Befürwortern nach harten Verhandlungen nur, an die Dienstleistungsfreiheit aus dem EG-Vertrag zu erinnern.
Immerhin hat sich damit die rechtliche Durchsetzung verbessert. Sollten die Zielländer die Freiheit aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Gesundheit, Sicherheit oder zum Schutz der Umwelt künftig beschränken wollen, müssen sie die zugrunde liegenden nationalen Gesetze mit Begründung an die EU-Kommission melden. Das macht es der Brüsseler Behörde leichter, Umsetzungsmängel zu orten.
Und es ist Ruhe eingekehrt. Industrie und Gewerkschaften (zumindest auf europäischer Ebene) loben das neue EU-Regelwerk. Die beiden größten Fraktionen im Europäischen Parlament - die Europäische Volkspartei und die Sozialdemokraten - haben schon eine rasche Absegnung in Aussicht gestellt.