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Eine schwierige Braut

Von Ronald Schönhuber

Wirtschaft

General Motors will seine Tochter Opel an den Peugeot-Konzern verkaufen. Experten sind allerdings skeptisch.


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Peugeot will Opel lenken.

Rüsselsheim. Die gute alte Zeit hat wohl schon vor knapp zwei Jahren mit einem dunkelgrauen Zafira geendet. Der Familienvan, der am 5. Dezember 2014 vom Band rollte, war das letzte Auto, das im Opel-Werk in Bochum produziert wurde. Mit der Schließung der Fabrik im Ruhrgebiet, die viele Opelianer als Herz des Konzerns sahen, ging aber nicht nur ein bewegtes Stück Bochumer Industriegeschichte nach 52 Jahren zu Ende. Kadett, Manta und später Astra, die hier millionenfach montiert wurden, waren auch ein Teil der Mobilisierung Deutschlands. Vor allem die dem VW Käfer entwachsenen Aufsteiger fuhren in der Wirtschaftswunderzeit der 50er und 60er Jahre gerne ein Opel-Modell, das nicht nur perfekt zur Zeit, sondern auch zum Land passte. Solide, zuverlässig und dabei frei von avantgardistischen Experimenten - viel deutscher als das seit 1929 zum amerikanischen General-Motors-Konzern gehörende Unternehmen konnte eine Marke kaum sein.

Doch es ist nicht nur diese gute alte Zeit, die endgültig zu Ende gegangen ist. In Zukunft dürfte Opel auch viel weniger ein deutsches Unternehmen sein als in den vergangenen Jahrzehnten. Denn Informationen der Nachrichtenagentur Reuters zufolge soll die Traditionsmarke mit dem Blitz im Logo an den französischen Konkurrenten PSA Peugeot Citroen verkauft werden. Laut zwei mit den Übernahmegesprächen vertrauten Personen sind die Gespräche dabei schon so weit fortgeschritten, dass eine Vereinbarung binnen Tagen verkündet werden könnte.

"Man tritt sich auf die Füße"

Die Übernahme von Opel durch Peugeot würde einen massiven Umbruch in der europäischen Autoindustrie bedeuten. Denn mit dem Verkauf seiner Rüsselsheimer Tochter und dem britischen Schwesterunternehmen Vauxhall zöge sich GM weitgehend aus Europa zurück, wo der US-Konzern seit Jahren nur rote Zahlen schreibt. Peugeot wiederum könnte durch den Zukauf an Renault vorbeiziehen und nach dem Volkswagen-Konzern zum zweitgrößten Hersteller auf dem Kontinent werden.

An der Börse wurden die Berichte über den bevorstehenden Kauf jedenfalls positiv aufgenommen. Die Aktien von PSA stiegen am Mittag in Paris um 4,4 Prozent. Die Anteilsscheine der Opel-Mutter GM kletterten in New York ebenfalls um fast 4 Prozent. Zulegen konnten schließlich auch die Aktien der übrigen Autobauer, weil Anleger auf den Beginn einer Fusionswelle wetteten.

Doch die Einschätzung der Analysten ist viel skeptischer als jene der Märkte. "Für Opel und Peugeot wird das bedeuten, dass man sich überlegen muss, welche Standorte man noch braucht", sagt Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Und aus Sicht des Leiters des CAR-Instituts an der Universität Duisburg-Essen ist es relativ wahrscheinlich, dass ganze Werke dann wohl geschlossen werden. Denn vor allem in Europa, wo beide Unternehmen überproportional stark vertreten sind, würde man sich gegenseitig auf die Füße treten.

Es ist aber nicht nur die räumliche Nähe, die die Experten skeptisch macht. Opel und Peugeot verfügen nicht nur über eine recht ähnliche und an der Mittelklasse orientierte Modellpalette, sie haben auch mit den gleichen Problemen zu kämpfen. Denn abgesehen von der wenig erfolgreichen Citroen-DS-Linie fehlt bei beiden Herstellern ein Premium-Angebot und auch im zuletzt so wichtig gewordenen SUV-Segment ist die Konkurrenz deutlich besser aufgestellt. "Eins und eins ergibt in diesem Fall nicht zwei, sondern eineinhalb", sagt Dudenhöffer. So wie bisher könnten die beiden Unternehmen auf gar keinen Fall weitermachen.

Immer wieder Neuanfang

Den Neuanfang hatten beide Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten aber immer wieder versucht. Vor allem Opel musste nach der von Modellen wie Admiral und Kapitän geprägten Hochzeit der 60er und 70er Jahre massiv gegen den Abstieg kämpfen. So ist Volkswagen mit dem Golf in den 1980er Jahren davongefahren und hat dem Rüsselsheimer Erzrivalen wichtige Marktanteile weggeschnappt. Opel fiel in der Folge wegen Qualitätsproblemen weiter zurück.

Danach versuchte GM vergeblich, die deutsche Traditionsmarke wieder auf Kurs zu bringen, und tauschte mehrfach die Vorstandschefs aus. Dies misslang jedoch, weil die Detroiter Mutter ihre Tochter wie einen Ableger behandelte und oft amerikanische Chefs an der Opel-Spitze standen. Viele Modelle verfehlten den Geschmack der Autokäufer.

Schon einmal versuchte Opel einen Bund mit Peugeot. Von Plänen für eine breit angelegte Allianz verabschiedete man sich jedoch 2012. Beide Unternehmen arbeiten heute noch bei der Produktion von SUV und Minivans zusammen.

Als Anfang 2013 der frühere VW-Manager Karl-Thomas Neumann das Steuer in Rüsselsheim übernahm, keimte allerdings neue Hoffnung. GM investierte kräftig in neue Modelle und brachte mit dem Mokka einen kleinen Geländewagen auf den Markt. Im vergangenen Jahr durchkreuzte dann vor allem der Brexit die Aufholjagd. Opel verfehlte sein Ziel, erstmals seit 1999 schwarze Zahlen zu schreiben. Als Grund für einen Verlust von 257 Millionen Euro nannte Firmenchef Neumann neben den Währungsturbulenzen nach dem britischen Referendum für einen EU-Austritt auch die noch immer bestehenden Sanktionen gegen Russland.

Doch auch Peugeot hatte zuletzt einen harten Sanierungskurs durchlaufen müssen, nachdem 2014 sogar der französische Staat Geld zuschießen musste, um das Unternehmen zu retten. Konzernchef Carlos Tavares schloss in der Folge mehrere Werke und forcierte der Jobabbau. Ebenso wie der französische Staat beteiligte sich 2014 auch der staatlich kontrollierte chinesische Hersteller Dongfeng mit 14 Prozent an dem Traditionsunternehmen. Der Einfluss der Peugeot-Familie sank im Zuge der Sanierung hingegen beträchtlich.

Für Dudenhöffer ist es auch Tavares, der als treibende Kraft hinter den Übernahmeplänen steht. Der portugiesische Manager habe bei Renault-Nissan eine erfolgreiche Fusion erlebt und wolle nun zusätzliche Mengeneffekte mit Opel/Vauxhall realisieren. Bei Nissan-Renault sei allerdings einer der beiden Partner in Japan stark gewesen, gibt Dudenhöffer zu bedenken. "Bei Opel und Peugeot sitzen beide in Europa."