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Eine Stadt als Wiege der Wissenschaft

Von WZ-Korrespondent Roland Mischke

Wissen
Ausstellungseröffnung von "Erleuchtung der Welt" zum Beginn der modernen Wissenschaften. Foto: Museum Leipzig

Leipzig feiert sich als Hauptstadt der deutschen Aufklärung. | Schau "Erleuchtung der Welt", Jubiläum der Universität. | Leipzig. Dem finsteren Mittelalter folgte das Licht der Aufklärung: Sie setzte sich nicht zeitgleich in ganz Europa durch, sondern über Leuchttürme - bestimmte Städte, in denen die Vordenker zu Hause waren. Eine dieser Städte war Leipzig.


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Während in den deutschen Fürstentümern Feudalismus herrschte, versammelten sich an der Pleiße tolerante Geister. Leipzig hatte einen idealen Standort an der Kreuzung zweier wichtiger europäischer Handelswege, dazu eine Messe, bei der es um Neuigkeiten, also den Fortschritt, ging, und eine städtische Bevölkerung, in der sich das Akademische und das Bürgerliche harmonisch verschränkten.

Das imponierte auch August dem Starken, einem Regenten der alten Zeit, selbstherrlich, machtgierig und grausam in Dresden, doch angezogen von moderner Technik. Immer wieder reiste er nach Leipzig. Dresden war die Residenz, Leipzig die Zukunft.

Zu Recht beansprucht Leipzig im 600. Gründungsjahr seiner altehrwürdigen Universität, die Hauptstadt der deutschen Aufklärung zu sein. In der Ausstellung im Alten Rathaus wird anhand von rund 700 Exponaten und in diversen Erzählsträngen der Durchbruch der Aufklärung dokumentiert. Sie war der Weg zur Herausbildung der modernen Wissenschaften, und diese waren die Basis einer modernen Gesellschaft.

So wurde etwa die Philosophie, Jahrhunderte lang nur Hilfswissenschaft der Theologie, zur eigenen Disziplin. Ganz neu entstanden Philologie, Kunstgeschichte, Geschichtswissenschaft, Archäologie, Orientalistik und andere Geisteswissenschaften, flankiert von Druck- und Zeitungswesen.

Forschung und das Kuriositätenkabinett

Und es kam zur Blüte der Naturwissenschaften: Mathematik, Chemie, Botanik, Medizin, Bergbautechnik. Leipzig und Mitteldeutschland wurden zur Wiege der Aufklärung, hier begann die "Erleuchtung der Welt".

Die Schau ist in 30 Einheiten aufgebaut, Besucher finden überall Hör- und Mitmachstationen. Da bestaunt man das Universitätssiegel von 1516, das Zepterpaar des Universitätskanzlers und mittelalterliche Handschriften neben Leipziger Frühdrucken. Dazu Modelle, Bilder, Tierpräparate, zeitgenössische Kleidung und wissenschaftliche Instrumente. Auch solche zum Gruseln, wie etwa Amputationsbestecke.

Die Aufklärung war der Übergang vom Kuriositätenkabinett zum systematischen Forschen. Etwa hatte 1709 der Theologe und Instrumentenbauer Jakob Leupold die Vakuumpumpe ertüftelt. Die Experimentiermaschine diente auch dem Amusement: Der Kurfürst war hingerissen, so gut unterhalten konnten ihn nicht einmal seine besten Hofnarren. Das kostbar gearbeitete Möbelstück mit zwei Messing-Halbkugeln, aus denen Luft abgepumpt wird, erzeugt Unterdruck. August der Strake konnte verfolgen, wie ein Vogel darauf reagierte.

Von Leupold stammen auch andere Gerätschaften. Im Alter wollte er das Wissen seiner Zeit in einem "Theatrum machinarum generale" versammeln, aber er konnte sein Werk nicht vollenden. Nun zeigt die Ausstellung das historische Wissenstheater. Inspirationen aus Leipzig haben das kollektive Wissensgedächtnis bereichert: Wer in die ostdeutsche Stadt reist, glaubt an den Fortschritt.

Stadtgeschichtliches Museum, Markt 1, Leipzig, Di. bis So. 10-18 Uhr, bis 6. Dezember.

www.erleuchtung-der-welt.de