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Eine Steuer für EU-Unternehmen

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft

Verschiedene Systeme behindern den Binnenmarkt. | Einzelunternehmen sind ausgenommen. | Wien. Es ist ein gewaltiges Projekt, das die EU im Auge hat: Statt den derzeit 27 verschiedenen Systemen zur Bemessung der Körperschaftsteuer soll es für alle EU-Länder künftig nur mehr eines geben. Damit will man international tätigen Unternehmen die europäische Steuerlandschaft versüßen und Investitionen über die Grenze hinweg antreiben. Bei den EU-Plänen geht es ausschließlich um die Bemessungsgrundlage, die Festlegung der Steuersätze bleibt weiterhin bei den Mitgliedstaaten.


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Ein Schuss nach hinten?

Auf dem Weg zu der EU-weiten einheitlichen Bemessungsgrundlage sind allerdings noch viele Punkte ungeklärt. Der Hauptfrage lautet: Soll die einheitliche Bemessungsgrundlage für Körperschaften verpflichtend sein oder sollen die Unternehmen zwischen dieser und dem nationalen System wählen können? Bei einem Wahlrecht wird vor allem befürchtet, dass es dadurch zu keiner Reduktion der Systeme kommen wird, sondern dass zu den bisher 27 Systemen noch ein weiteres hinzu kommt.

Auch sonst könnte ein Wahlrecht mehr Komplexität statt Vereinfachung bringen. "Auf Seite der Unternehmen ist ein zusätzlicher Aufwand erforderlich, um die Alternativen zu berechnen. Die Verwaltungen sehen sich verpflichtet, den Steuerpflichtigen genauer auf die Finger zu schauen, ob das Wahlrecht ordnungsgemäß in Anspruch genommen wurde", erläutert Michael Lang, Vorstand des Instituts für Österreichisches und Internationales Steuerrecht an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Auswege aus der Pflicht

Doch auch eine verpflichtende einheitliche Bemessungsgrundlage wirft Probleme auf. Die Vorschläge der Kommission sehen nämlich eine einheitliche Bemessungsgrundlage nur für Körperschaften vor. Personengesellschaften und Einzelunternehmen haben somit weiterhin die nationalen Regelungen anzuwenden. Sollte die einheitliche Bemessungsgrundlage für Körperschaften verpflichtend werden, könnte das im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz zu Problemen führen. Es stellt sich die Frage, ob es zulässig ist, bei der Bemessungsgrundlage einen Unterschied aufgrund der Rechtsform des Unternehmens zu machen.

Der verpflichtenden einheitlichen Bemessungsgrundlage könnten Unternehmen allerdings dadurch entgehen, indem sie die Rechtsform wechseln - eine mögliche Entwicklung, die Lang nicht als positiv einstuft. Nach Abwägen aller Argumente plädiert er deshalb für ein Wahlrecht. So könne man vermeiden, "dass Unternehmen nur aus Gründen des Steuervorteils wirtschaftlich unsinnige Gestaltungen wählen".

Experten sammeln Ideen

Mit einem Richtlinien-Entwurf ist noch dieses Jahr zu rechnen. Entscheidende Weichenstellungen dafür werden dieser Tage in Wien vorgenommen: Rund 200 Steuerrechtsexperten aus ganz Europa diskutieren bei einer vom Institut für Österreichisches und Internationales Steuerrecht der WU in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission veranstalteten Konferenz ihre Ideen zu diesem Thema. Die Anregungen der Wissenschafter sollen nach den Vorstellungen der Kommission in den Richtlinienentwurf einfließen.

Auch wenn sich nicht alle Mitgliedstaaten einigen, könnte die einheitliche Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage zumindest für einige EU-Länder in Form einer "verstärkten Zusammenarbeit" wahr werden. Diese ist möglich, wenn sich mindestens acht Mitgliedstaaten beteiligen. Derzeit befürworten rund 20 Länder die Initiative.

Auch bei den Unternehmen findet die einheitliche Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage Anklang. Laut einer Studie der KPMG International befürworten mehr als drei Viertel von 400 befragten Führungskräften in Finanz- und Steuerabteilungen der größten Unternehmen aller 27 EU-Länder den Vorschlag.