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Taten werden notwendig, wenn Zweifel aufkommen. Sei es am Willen und an der Bereitschaft zum entschlossenen Handeln, sei es an der bloßen Fähigkeit zur Tat. Die Verstrickungen der FPÖ mit den Identitären haben das Gift des Zweifels am politischen Willen gesät; die Berichte und Gerüchte über eine mögliche Isolation des - zum FPÖ-geführten Innenressort gehörigen - Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) vom Informationsfluss befreundeter ausländischer Geheimdienste setzen ein öffentliches Fragezeichen hinter die Fähigkeit, im Bedarfsfall schnell auf Gefahren zu reagieren.
Beide Befürchtungen sind dazu angetan, das politische Fundament dieser Bundesregierung zu erodieren. Konkrete Taten wurden deshalb unerlässlich. Die Zeit drängte, aus grundsätzlichen wie taktischen Überlegungen. Am Dienstag war es nun so weit: Im Zuge der Ermittlungen gegen 32 Verdächtige wurden in Zusammenarbeit von Justiz- und Innenministerium Hausdurchsuchungen im rechtsextremen Milieu quer durch die Republik durchgeführt. Die Meldung dazu wurde am frühen Nachmittag per Alarm-Nachricht durch das Netz gejagt.
Es ist zweifellos die richtige Entscheidung, angesichts dieser Zweifel in die Offensive zu gehen. Jede demokratische Politik lebt vom Urvertrauen in die Einhaltung einer Handvoll zentraler Regeln. Und dazu gehört, eine Nulltoleranz-Strategie gegen jede Form eines die Verfassung zerfressenden Extremismus. Indem sie über Jahrzehnte hinweg eine eindeutige Abgrenzung zum rechtsextremen Rand unterließ und Interpretationen zugelassen hat, hat es sich die FPÖ selbst zuzuschreiben, dass ihr als Regierungspartei von ihren Kritikern das entsprechende Misstrauen entgegenschlägt.
Inhaltlich stehen die Hausdurchsuchungen vom Dienstag in keinem direkten Zusammenhang mit den Verbindungen zwischen FPÖ und Identitären, sondern sie sind die Folge von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Leoben aufgrund des Verdachts von Verstößen gegen das Verbotsgesetz anlässlich eines Konzerts im Neonazi-Milieu.
Politisch jedoch ist das offensive Vorgehen gegen diese Szene ein hochnotwendiger Befreiungsschlag für die FPÖ. Möglich, dass der zeitliche Zusammenfall ein purer Zufall ist. Daran glauben muss man freilich nicht. Man kann das als Ablenkungsmanöver bewerten. Oder aber auch einfach als notwendiges Eingeständnis, dass es dringend an der Zeit für klare Handlungen ist.
Entscheidend ist, wie immer, die Frage der Glaubwürdigkeit. Im Kampf gegen das Unwesen des Rechtsextremismus hat die FPÖ weiter Nachholbedarf. Die Zweifler zu überzeugen, wird dauern.