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Eine teure Stadtwache auf Umwegen: Jedem Stadtrat seinen Ordnungstrupp

Von Christian Mayr

Analysen

"Uniformensalat" - "Kapperlwahnsinn" - "Wirrwarr bei den Ordnungskräften". Die Reflexe der Wiener Oppositionsparteien auf den Bericht der "Wiener Zeitung", wonach ab 1. November eine neue Ordnungstruppe auf den Wiener Linien im Einsatz sein wird, waren nicht überraschend. | Losgelöst von aller Parteipolemik ist die Kritik an der immer größer werdenden Zahl an städtischen Wacheinheiten aber durchaus berechtigt. Mit dem 70 Mann starken "Linienservice" in den Öffis wird es bereits den achten kommunalen Wachkörper mit eigener Uniform und Strafbefugnis geben - ganz nach dem Motto: Jedem Stadtrat seinen Ordnungstrupp.


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Zum Verkehrsressort gehören etwa die "Blau-" und "Weißkappler", die ein besonderes Kuriosum darstellen: Während Erstere nur die Scheine in der Kurzparkzone kontrollieren dürfen, sind Zweitere für Falschparker in Verbotszonen zuständig. Weil die Weißen formal der Polizei unterstehen, tragen sie eine andere Kopfbedeckung - und befolgen eben eine strikte Aufgabentrennung.

Zum Umweltressort gehören die bereits auf 300 Personen angewachsenen Müllsheriffs ("Waste Watcher"), die seit fast zwei Jahren in der Stadt patrouillieren. Dabei gab es auf diesem Sektor zuvor schon die Wiener Naturwacht, die als privater Verein im Auftrag des Rathauses auf Müllsünder in der Natur Jagd macht und dabei auch abstraft.

Als Leibgarde des Bürgermeisters gilt wiederum die 100 Mann starke Rathauswache, die formell der Finanzstadträtin untersteht. Erst seit kurzem hat auch das Wohnbauressort mit den Ordnungsberatern einen eigenen Sicherheitsdienst, der im Gemeindebau für Recht und Ordnung sorgen soll. Die Wiener Linien wiederum verfügen schon jetzt mit den "Schwarzkapplern" über eine Einheit, die laut Eisenbahngesetz anhalten und strafen darf.

Fasst man alle diese Organe zusammen, kommt man auf rund 700 kommunale Ordnungshüter. Dafür acht verschiedene Verwaltunsgeinheiten zu unterhalten, scheint nicht nur der ÖVP seit langem suspekt, weshalb sie immer wieder eine kompakte Stadtwache fordert. Auch führende Unternehmensberater, wie "A.T. Kearney"-Chef Robert Kremlicka sehen Einsparungspotential, wenn man die Einheiten organisatorisch zusammenfasst und einen Personal-Pool schafft. "Denn ein Parkscheinkontrolleur wird auch Schwarzkappler sein können."

Das wird gewiss nicht passieren. Ein Jahr vor der Wien-Wahl wird sich die SPÖ, die plötzlich Law&Order forciert, hüten, anderen einen Erfolg zu gönnen. Die Stadtwache ist indes längst Realität - sie heißt nur nicht so.