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Eine Tirol-Variante?

Von Cathren Landsgesell

Wissen

Für den weiteren Verlauf der Pandemie ist es unerheblich, ob eine Variante eingeschleppt wurde oder spontan entstand.


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Die britische Variante hat sie, die südafrikanische Variante hat sie und die brasilianische Variante hat sie auch: die Mutation E484K. In Tirol scheint sich nun diese Variante des britischen Virus mit der E484K-Mutation sehr schnell zu verbreiten - manche Wissenschafter, wie etwa Andreas Bergthaler, haben daher nochmals darauf hingewiesen, dass tatsächlich versucht werden muss, die Verbreitung des Virus innerhalb der Bevölkerung zu bremsen.

E484K ist die spezielle Veränderung am Spikeprotein, die vermutlich bewirkt, dass das Virus den Antikörpern entkommen kann, die man bereits gebildet hat, weil man schon an Covid-19 erkrankt war oder geimpft wurde. Bei den aktuellen Varianten von Sars-CoV-2 traten die Veränderungen unabhängig voneinander auf. Durch die Veränderung an der speziellen Stelle, an der das Coronavirus an den entsprechenden Rezeptor (ACE2) der menschlichen Körperzellen andockt, gelingt dem Virus das Andocken viel leichter. Bei E484K wurde an der 484. Stelle des Spikeproteins eine Aminosäure ersetzt, nämlich Glutaminsäure (E) durch Lysin (K). Dass es diese Mutation gibt, bedeutet nicht automatisch, dass alle britischen, südafrikanischen oder brasilianischen Linien diese Mutation haben.

Schutz vor schweren Infektionen

Grund zu besonderer Sorge besteht vorerst nicht: "An den verfügbaren Daten sehen wir, dass die Impfungen sehr wohl einen Schutz vor schweren Infektionen bieten, und das ist es ja, worum es letztlich geht", sagt Monika Redlberger-Fritz, Virologin am Zentrum für Virologie der MedUni Wien. Die Wissenschafterin weist allerdings auch darauf hin, dass im Labor bei den aktuellen Varianten durchaus eine schlechtere Neutralisation der Viren durch die Impfstoff-Antikörper zu beobachten ist.

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Bereits Anfang Februar 2021 hatte man vermutet, dass in Tirol auf Basis der Südafrika-Variante neue Varianten von Sars-CoV auftreten könnten, die ebenfalls Fluchtmutationen sind und dafür sorgen, dass sich das Virus schneller verbreitet. In der Zwischenzeit ist aber die bekannte britische Variante B.1.1.7 in Tirol die dominierende Form von Sars-CoV-2. Ihr Charakteristikum ist, dass sie sich zum einen wie erwähnt schneller verbreitet, aber eben auch schwerere und längere Erkrankungen mit Covid-19 verursacht. Entsprechend hatten Intensivmediziner in den letzten Wochen besorgt darauf hingewiesen, dass die Patienten auf den Intensivstationen immer jünger werden und die schweren Verläufe generell häufiger zu werden scheinen.

"E484K ist eine Mutation, die relativ leicht rausselektioniert wird, je größer der immunologische Druck ist", so Redlberger-Fritz. Für das Virus bringt es offensichtlich viele Vorteile: Sobald es sich leichter verbreiten kann, steigt bereits aus statistischen Gründen die Wahrscheinlichkeit, dass sich genau diese Mutationen besonders gut weiterverbreiten können. Die Stelle am Spike-Protein ist zudem geradezu prädisponiert für besonders erfolgreiche Mutationen: Es ist der Kontaktpunkt zur Körperzelle und es ist zugleich der Angriffspunkt oder besser Haltegriff für die Antikörper.

In Kombination mit der Mutation N501Y, die vermutlich für die schwereren Verläufe verantwortlich ist, ist das britische Virus mit E484K eine besonders heikle Variante.

Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass B.1.1.7 die Mutation erst in Tirol bekommen hat. Die Mutationen an der Stelle treten unabhängig voneinander auf, es gibt Varianten von B.1.1.7. mit E484K in Großbritannien, die relativ "alt" sind, aber auch noch Varianten von B.1.1.7, die noch keine Mutation in dieser Form haben. "Ob die Variante eingeschleppt wurde oder spontan entstanden ist, hat keinerlei direkte Auswirkungen. Wir kennen die Charakteristiken dieser Variante ja bereits", so Redlberger-Fritz. Die Wissenschafterin plädiert dafür, die Ausbreitung weiter zu begrenzen: "Das gilt für alle Varianten. Je weniger Virus zirkuliert, desto weniger Gelegenheit hat das Virus, zu mutieren." Dass die Mutationen aufgrund von Selektionsdruck entstehen würden, etwa in Reaktion auf Impfungen, sieht Redlberger-Fritz derzeit nicht. Selektionsdruck besteht erst dann, wenn das Virus sich verändern muss, um jemanden zu infizieren. Doch dafür ist der Anteil der "naiven" Bevölkerung zu groß. Noch hat nicht die Mehrheit Antikörper gebildet. "Dieses Katz-und-Maus-Spiel ist typisch für RNA-Viren, das kennen wir von der Influenza."