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Das Volkstheater meint es gut mit den Geflüchteten, und wie so oft, wenn etwas gut gemeint ist, ist es nicht gut. Oder nur so halb und nicht wirklich, meine ich.
Also: Am Sonntag wurden Geflüchtete in die Vorstellung eingeladen. Kaffee und Kuchen vor der Vorstellung für alle Zuschauer, nach der Vorstellung ein Essen für die Geflüchteten - schon weniger gut, denn da werden die Eingeladenen und die nach Hause Geschickten getrennt, aber soll sein, mehr war wohl nicht finanzierbar. Insgesamt ein Zeichen: Ihr seid willkommen.
Was es zu sehen gab?
Albert Camus’ "Missverständnis".
Und jetzt denke ich mich notdürftig in die Situation eines Menschen, der vor Gewalt geflüchtet ist. Der sieht nun ein Stück über Gewalt, über verlorene Heimat; eine neue Heimat gibt es nicht - an ihre Stelle tritt der Tod. Zu allem Überfluss wird vor den zumeist wohl muslimischen Geflüchteten der totale Atheismus durchdekliniert. Die Inszenierung ist gut, aber intellektuell verspielt.
Das also dient als (wahrscheinlich) erste Bekanntschaft mit "unserer" Kultur. Wer nicht sofort nach Syrien zurück will, hat etwas fürs Hierbleiben geleistet.
Es ist das totale Missverständnis: Für Menschen, die nie fliehen mussten, mag die Aufführung die Auseinandersetzung mit dieser Thematik anregen. Wer aber diese Thematik gerade eben am eigenen Leib erfahren hat, will wahrscheinlich etwas Eskapistisches sehen und wohl nicht hören, dass sein Gott so tot wie ein Stein ist.
Zu kurz gedacht vom Volkstheater? Oder war das Haus schlicht schlecht verkauft und man hat es mit einer "humanitären Aktion" gefüllt?