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Unter den Augen der Spitzen der Republik wurde Heinz Fischer als Bundespräsident verabschiedet.
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Wien. Als die erste Strophe der Bundeshymne erklang, hatte sie sich schon wieder gefangen. Doch nur wenige Augenblicke zuvor hatte sich Margit Fischer verstohlen zwei Tränen aus den Augenwinkeln gewischt. Die Reaktion der First Lady außer Dienst war der Situation wohl durchaus angemessen: Am Freitagvormittag hatte sich die Spitze der Republik im Reichsratssitzungssaal im Parlament eingefunden, um den scheidenden Bundespräsidenten Heinz Fischer zu verabschieden.
Neben der gesamten Bundesregierung, den Nationalrats-, Bundesrats- und EU-Abgeordneten waren auch die Landeshauptleute, EU-Kommissar Johannes Hahn und sein Amtsvorgänger Franz Fischler, Vertreter der Religionsgemeinschaften und Höchstgerichte, ehemalige Minister wie Claudia Bandion-Ortner und die früheren Bundeskanzler Franz Vranitzky, Wolfgang Schüssel und Werner Faymann gekommen. Für Letzteren war es der erste öffentliche Auftritt nach seinem erzwungenen Abgang aus dem Kanzleramt im Mai - statt der Regierungsbank blieb ihm nur der Platz auf der Tribüne gegenüber.
Und noch ein Ehrengast wünschte sich an diesem Tag wohl an einen anderen Ort im Saal: Alexander Van der Bellen, bis vergangene Woche designierter Bundespräsident, musste mit Frau und Wahlkampfteam ebenfalls auf der Tribüne Platz nehmen. Da die Bundespräsidentenstichwahl nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs von vergangener Woche wiederholt werden muss, war es nicht Van der Bellen, der Fischer unter Fanfarenklängen in den Sitzungssaal geleitete. Diese Aufgabe übernahm Nationalratspräsidentin Doris Bures, die für die kommenden Monate mit ihren Stellvertretern Karlheinz Kopf und Norbert Hofer die formalen Aufgaben des Bundespräsidenten erfüllen wird.
In ihrer Rede lobte sie den Geehrten für sein Bekenntnis zum sozialen Zusammenhalt und zum Schutz der Minderheitenrechte. "Objektiv und unparteiisch sein hieß für ihn nicht, auf Grundsätze und Prinzipien zu verzichten", betonte Bures. Fischer habe "wie kaum ein anderer" moralische Autorität verkörpert und Ratschläge hinter verschlossener Tür erteilt. Erst, wenn er "Entwicklungen in Konflikt mit der Rechtsstaatlichkeit wähnte, hat er das Gewicht seiner Worte in die Waagschale geworfen".
Fischers Besonnenheit und seinen "Willen zum ausführlichen Nachdenkprozess" hob auch Bundesratspräsident Mario Lindner in seiner Würdigung hervor, bevor Fischer selbst noch einmal die Gelegenheit bekam, diese Besonnenheit unter Beweis zu stellen.
Als Schwiegersohn eines vor den Nazis geflüchteten KZ-Überlebenden müsse er zum Thema Flüchtlinge Stellung nehmen, sagte Fischer. Dabei gehe es nicht darum, dass man alle aufnehmen müsse, aber es sei wichtig, "dass wir bereit sind, im Rahmen unserer Möglichkeiten und nach besten Kräften zu helfen, die Menschenwürde von Flüchtlingen hochzuhalten und ihnen ohne Vorurteile zu begegnen."
Dem Populismus erteilte er eine Absage und warnte davor, "den Handlungsspielraum auf das Momentane einzuschränken". Denn dadurch werde das "längerfristig Notwendige in die Defensive gedrängt". Offenbar in Richtung der am Donnerstag von Innenminister Wolfgang Sobotka ins Spiel gebrachten Überlegungen zu strengeren Auflagen bei der Mindestsicherung meinte der scheidende Bundespräsident, es sei wichtig, "auch in der unteren Etage der Gesellschaft menschenwürdige Lebensumstände zu ermöglichen. Leistungsgesellschaft und Sozialstaat müssen vereinbar sein."
Auch zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs fand Fischer deutliche Worte: "Es gehört zu den Grundregeln unseres demokratischen Systems, Entscheidungen des VfGH zu respektieren", sagte er in Richtung der Kritiker. Allseits Applaus gab es für Fischers Aussage, dass das Brexit-Votum "sehr bedauerlich und nicht durchdacht" sei, für Österreich aber nach wir vor die "aktive Mitarbeit an den Zielen und Werten der aktiven Friedenspolitik und wirtschaftlichen Zusammenarbeit in der Union" im Vordergrund stehen müsse.
Zum Schluss seiner Rede richtete Fischer einen Gruß "in dankbarer Verbundenheit an alle Österreicherinnen und Österreicher und alle, die sich in diesem Land zu Hause fühlen" und bedankte sich bei seiner Frau Margit, seinen Kindern und seiner Schwester. "Es lebe unser schönes Land, die Republik Österreich, sowie ein friedliches und demokratisches Europa", waren Fischers Abschiedsworte. Der Saal dankte es ihm mit Standing Ovations - Margit Fischer war wohl nicht die Einzige, der die Tränen kamen.
Mit Lob von fast allen Seiten wurde Bundespräsident Heinz Fischer am Freitag in den politischen Ruhestand verabschiedet.
Kanzler Christian Kern dankte Fischer "für zwölf Jahre, in denen du Österreich würdig repräsentiert hast, in denen du dafür gesorgt hast, dass unser internationales Ansehen noch weiter gestiegen ist". Er habe nicht nur auf dem internationalen diplomatischen Parkett reüssiert, sondern auch die Herzen der Österreicher gewonnen. Auch im Kampf gegen Armut und für soziale Gerechtigkeit sowie gegen Ausgrenzung, Rassismus und Gewalt habe Fischer Zeichen gesetzt.
Den langjährigen Einsatz für die Republik hob Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hervor. "Als Konsenspolitiker und Mediator hat er es selbst bei strittigen Fragen verstanden, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen", betonte er. "Er wollte beim Amtsantritt ein ‚Präsident für alle‘ sein und hat dieses Versprechen auch eingelöst. Heinz Fischer hat sein Amt optimistisch, vital und mit Freude gelebt. In dieser Art ist er populär geworden, aber nie Populist."
Ähnlich sah das Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig: "Heinz Fischer hat das Amt des Bundespräsidenten tadellos geführt, Österreich in Europa und der Welt würdevoll vertreten und sich in Österreich immer wieder durch richtige Signale, Worte und Ermahnungen zur richtigen Zeit für Ausgleich, Besonnenheit und Miteinander eingesetzt."
Ebenfalls voll des Lobes war Neos-Chef Matthias Strolz. Fischer habe es geschafft, Vertrauen und Sympathie aller Österreicher über alle Parteigrenzen hinweg zu gewinnen. "Die Balance zwischen Würde für das Amt, intensiver Arbeit im Interesse Österreichs, Freundlichkeit im Umgang mit den Menschen und Humor in allen Lebenslagen haben seine Amtszeit geprägt. Er ist damit ein großes Vorbild für alle Präsidentinnen und Präsidenten, die folgen."
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