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Eine unangenehme Wahrheit

Von Christina Böck

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Man mag glauben, in Hollywood sind die Weihnachtsfeiertage ein einziger Santa-Claus-Rausch, in dem sich Familien mit Truthahn füttern und nur ganz selten ein Kind allein daheim bleiben muss, wo es sich mit Einbrechern herumschlagen muss. Kennt man ja aus Filmen. Weit gefehlt: Heuer waren die Weihnachtsfeiertage in Hollywood durchaus politisch gefärbt. Im Mittelpunkt stand Kathryn Bigelows Film "Zero Dark Thirty" über die Jagd auf Osama bin Laden. Die Kritiker äußerten sich zwar durchwegs positiv über den Film, aber an einer Sache kiefelte nicht nur die "New York Times": In Bigelows Film werde Folter wenn nicht verherrlicht, dann doch gerechtfertigt. Denn nur mit Waterboarding und Co. sei es überhaupt möglich gewesen, den Chefterroristen zu fassen, vermittle "Zero Dark Thirty". Das relativiert nun die Vorwürfe, die es noch während der Produktion gegeben hatte, die US-Regierung wolle diesen Film als Propaganda-Vehikel missbrauchen.

Dass es sich um Kunst handelt, bei der sich eigenständig denkende Menschen eine Meinung bilden können/müssen, geht in der Debatte seltsamerweise unter. Die größte Sorge mancher Kommentatoren scheint zu sein, dass die liberalen Academy-Mitglieder sicher keinem Folterlob den Oscar für den besten Film zusprechen werden. Bigelow selbst sagte dazu: "Ich wünschte, dass Folter kein Teil dieser Geschichte wäre. Aber das ist sie." Eine unangenehme Wahrheit, sicher. Diese Debatte zeigt, wie sehr sich die USA noch mit ihrer jüngeren Kriegsgeschichte auseinandersetzen müssen. Die Kunst hilft dabei wie immer gerne.