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Eine unbeachtete Steuer fällt weg

Von Markus Stefaner

Wirtschaft
Bei neuen Kreditverträgen nascht in Zukunft die Finanz nicht mehr mit. Foto: bilderbox

Kreditvertragsgebühr seit 1. Jänner abgeschafft. | Auch Privatkredite betroffen. | Factoring von zwei Gebühren entlastet. | Wien. Fast jeder Österreicher hat schon einmal - vielleicht sogar, ohne es zu wissen - Rechtsgeschäftsgebühr bezahlt. Diese Gebühr fällt beispielsweise bei Inanspruchnahme eines Kredits an. Und auch wenn die Steuersätze der Kreditvertragsgebühr relativ gering sind - sie betragen 0,8 bzw. 1,5 Prozent der Kreditsumme - so ist es bislang trotzdem zu spürbaren Belastungen für den Einzelnen gekommen. Das Bestehen der Gebühr führte insbesondere bei Verträgen über hohe Summen dazu, dass auf die Beurkundung verzichtet wurde, um eben keine Gebühr auszulösen. Dadurch kam es zu Rechtsunsicherheiten.


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Da Rechtsgeschäftsgebühren generell nur für einzelne Rechtsgeschäfte anfallen, belasten sie die meisten Österreicher zwar nur selten, aber doch in nicht unerheblichem Ausmaß.

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 wurden nun die Gebühren für Kredit- und Darlehensverträge, nicht jedoch andere Rechtsgeschäftsgebühren, abgeschafft.

Politisch scheint die Abschaffung ein Gegengeschäft zur Einführung der Stabilitätsabgabe für Banken ("Bankenabgabe") zu sein. Die Gebühr fällt für Kredite und Darlehensverträge, die ab 1. Jänner 2011 abgeschlossen werden, nicht mehr an. Ob dies zu einer effektiven Entlastung der Kreditnehmer führt oder ob sie durch erhöhte Bankgebühren zur Abdeckung der Bankenabgabe ersetzt wird, wird erst die Zukunft zeigen.

Nicht nur beiBankkrediten

Eines muss ganz klar festgehalten werden: Die Abschaffung der Gebühr betrifft sämtliche Kredit- und Darlehensverträge. Das bedeutet nicht nur eine Besserstellung für Betriebskredite, Kredite für Häuslbauer, zum Erwerb von Eigenheimen und Eigentumswohnungen und für andere typische Kredite und Darlehen. Auch Girokonten sind von dieser Abschaffung betroffen: Bisher konnten bei diesen Gebühren anfallen, falls der Vertrag Vereinbarungen zum Überziehungsrahmen enthielt. Für alle diese Verträge ist die Gebührenpflicht mit 1. Jänner 2011 weggefallen.

Wesentlich ist auch, dass die Gebührenpflicht nicht nur auf Bankkredite beschränkt war. Auch all jene Kredite, die von Nicht-Banken vergeben worden sind, konnten bisher Kreditvertragsgebühren auslösen. In diesem Zusammenhang waren insbesondere Kredite im Konzern und andere Privatkredite betroffen. Die Abschaffung bezieht sich auch auf diesen Bereich - ab sofort unterliegen auch Privatkredite nicht mehr der Gebühr.

Und auch Factoringverträge, das heißt, die Übertragung von Forderungen an einen Factor, der sich um die Eintreibung der Schulden kümmert und dafür dem Unternehmer den Forderungsbetrag - abzüglich eines Entgelts - schon früher ausbezahlt, sind von der Änderung betroffen.

Befreiung von derZessionsgebühr

Bisher konnten Verträge über das Factoring von Forderungen mehrere Gebühren auslösen. Eine der Gründe für das Eingehen von Factoringverträgen ist deren Finanzierungsfunktion. Aufgrund der Finanzierungsfunktion konnten Factoringverträge Kreditverträge darstellen und folglich der Kreditvertragsgebühr unterliegen. Daneben wurden aufgrund des Factoringvertrags Forderungen übertragen, was die 0,8-prozentige Zessionsgebühr auslösen konnte.

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 wurde zum einen die Kreditvertragsgebühr abgeschafft, weshalb diese auch beim Factoring nicht mehr anfällt. Zum anderen wurde für Factoringverträge auch eine Befreiung von der Zessionsgebühr eingeführt. Factoring wurde daher von beiden Gebühren entlastet. Bei anderen Zessionen ist jedoch weiterhin Vorsicht geboten, um die Gebühr nicht auszulösen.

Das Gebührenrecht ist eine Besonderheit des österreichischen Steuerrechts, es hat eine lange Geschichte und scheint aus heutiger Sicht veraltet zu sein. Eine der Auswirkungen des Gebührenrechts ist, dass Rechtsgeschäfte teilweise nur unzureichend dokumentiert werden.

Mit 1. Jänner 2011 ist nun die Kreditvertragsgebühr abgeschafft worden. Die anderen Tatbestände des Gebührenrechts - insbesondere Gebühren für Bestandsverträge, Bürgschaften, Hypotheken und Zessionen - bleiben aber weiter bestehen. Auch wenn nunmehr bereits einige Teile des Gebührenrechts entfallen sind, ist nicht abzusehen, dass das Gebührenrecht zur Gänze abgeschafft wird.

Markus Stefaner ist Senior Manager bei Ernst & Young Österreich.