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320 Millionen Euro mit fragwürdigem Zweck verbinden Land und Hypo.
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Salzburg. Fast ein Jahr ist vergangen, seit die Finanzaffäre über Salzburg hereingebrochen ist. Wie damals hat sich nun der erste Schnee über das Land gelegt. Und so ruhig wie unter der Schneedecke ist es inzwischen auch um die Aufarbeitung der Affäre geworden. Zwar hat mit Monika Rathgeber die Hauptbeschuldigte an den Vorkommnissen dieser Tage ihre Sicht der Dinge in Buchform vorgelegt. Eine unabhängige Aufarbeitung sieht aber anders aus. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nahm umgehend nach Auffliegen des Skandals Ermittlungen auf. Diese dauern nach wie vor an und sind weit davon entfernt, abgeschlossen zu werden.
74 Millionen Steuern offen
Der Untersuchungsausschuss im Landtag arbeitete auch ambitioniert, hatte mit den Landtagswahlen aber ein klares Ablaufdatum. Vor den Wahlen gab es diverse Bekenntnisse, die Aufarbeitung auch nach den Wahlen fortzuführen. Die ist auf politischer Ebene aber komplett eingeschlafen. Dass der U-Ausschuss nicht wieder aufgenommen wurde, war mangels politischem Interesse schon im Sommer klar.
Dieser Tage beschäftigt sich der Landtag mit dem Budget für 2014. Da geht es zwar auch um den Finanzskandal, die Aufarbeitung ist dabei aber kein Thema mehr. Dabei sind im Zusammenhang mit dem Finanzskandal noch einige Fragen offen. An einigen dieser Fragen wird in der Landesregierung aktuell auch gearbeitet.
So hat das Land aus mehreren Selbstanzeigen bei der Finanz derzeit eine Steuernachforderung in der Höhe von insgesamt knapp 74 Millionen Euro offen. Bei dieser Forderung handelt es sich um zu Unrecht nicht bezahlte Kapitalertrags- und Körperschaftssteuer. Das Land beruft in allen Fällen gegen die Bescheide, die Berufungsfrist wurde aufgrund der umfangreichen Materie bis Jahresende verlängert.
Eine Sonderrolle in dieser Causa spielt der Versorgungs- und Unterstützungsfonds (VUF) des Landes, der im Jahr 2003 eingerichtet wurde. Offiziell für "Zwecke zur Sicherung von Pensionen von pragmatisierten Landesbediensteten" . De facto handelte es sich um ein Vehikel, um Kapitalertragssteuer zu sparen. Das bestätigte die ehemalige Leiterin des Budgetreferats Rathgeber, die den Fonds bewirtschaftete, im vergangenen Winter auch im U-Ausschuss. Die Selbstanzeige bei der Finanz, die sich in erster Linie auf diesen Fonds bezog, war dann quasi das offizielle Schuldeingeständnis.
Auflösung des Portfolios
Die Empörung im Land war groß, schon zuvor hatte man sich parteiübergreifend darauf geeinigt, etwaigen Spekulationsgeschäften für alle Zeiten zu entsagen. Das Spekulationsverbot wurde dann im April vom Landtag einstimmig beschlossen. Im Lauf des Jahres bauten zwei Landesregierungen das Spekulationsportfolio ab, das in seiner Hochblüte von Finanzexperten mit einem Hedgefonds verglichen wurde.
Im November konnte nun der nunmehrige Finanzreferent und Landeshauptmann-Stellvertreter Christian Stöckl, er saß für die ÖVP auch im U-Ausschuss des Landtags, verkünden, dass "der Portfolio-Abbau nun in die Endphase geht". Lediglich vier Prozent des Portfolios seien noch offen, auch wenn sich darunter "die letzten, ganz schweren Brocken" befänden. Dazu sei man "auf höchster Ebene" in Gesprächen mit Bankenvertretern. Der Stand der Veranlagungen betrage nur mehr knapp 82 Millionen Euro, hieß es Mitte November.
Geld hin- und hergeschoben
So weit, so gut. Oder auch nicht. Denn der Versorgungs- und Unterstützungsfonds ist nach Informationen der "Wiener Zeitung" immer noch gut gefüllt. Und zwar mit in Summe 320 Millionen Euro aus Veranlagungen des Landes bei der Hypo Salzburg, die schon im U-Ausschuss des Landtags für Diskussionen gesorgt hatten.
Dabei von spekulativen Geschäften zu sprechen, wäre falsch. Für das Land ist es auf den ersten Blick vor allem eines: ein gutes Geschäft. Die Papiere sind fix verzinst, für die letzten drei Tranchen in der Höhe von je 10 Millionen Euro bekommt das Land 2,03, 2,05 und 2,09 Prozent Zinsen jährlich für eine Laufzeit von gut 14, 15 und 16 Jahren.
Nicht mehr ganz so lukrativ sind die Geschäfte erst, wenn man auch folgenden Zusatz kennt: Jeweils am Tag der Veranlagung nahm das Land einen Kredit in gleicher Höhe mit gleicher Laufzeit bei der Hypo Salzburg auf, eben jener Bank, bei der auch die Veranlagungen getätigt wurden. Auch diese Darlehen sind fix verzinst, nach Abzug der fälligen Zinsen für die Darlehen steigt das Land nur mehr mit einem Zinsgewinn von 0,05 Prozent aus.
Interessant ist auch das Datum, an dem die letzten drei Tranchen dieses Geschäfts abgeschlossen wurden. Die Verträge, die der "Wiener Zeitung" vorliegen, wurden am 13. Dezember 2012 abgeschlossen. An diesem Tag tobte der Finanzskandal in Salzburg schon seit einer Woche. Am Tag zuvor hatte Landeshauptfrau Gabi Burgstaller die Salzburger mit Tränen in den Augen um Entschuldigung gebeten, am Tag danach verkündete der damalige Finanzreferent David Brenner seinen Rücktritt.
Was hat es aber mit den Geschäften mit der Hypo auf sich? Diese Frage konnte auch der U-Ausschuss nicht klären. Dort erzählte jener Landesmitarbeiter, der als Nachfolger Rathgebers mit dem Abbau des Portfolios betraut war: "Mir wurde die Sache so erklärt, dass das eine Notwendigkeit ist für die Hypo, dass die die Wohnbaubankanleihen verkaufen kann. Warum der VUF da mit ins Spiel gekommen ist, wurde mir so erklärt, dass das aus rechtlichen Gründen so sein muss."
Kritik des Rechnungshofs
Diese Erklärung kam vonseiten der Salzburger Hypobank, sagte der Mitarbeiter im U-Ausschuss auf Nachfrage. Zur Erklärung: In den Darlehensverträgen ist festgehalten, dass die Bank berechtigt ist, die Darlehen "zur Deckung von Wohnbauanleihen" zu verwenden. Warum die Veranlagungen dann für Zwecke des Versorgungs- und Unterstützungsfonds eingegangen wurden, ist aber offen.
Der Rechnungshof hat in seinem Bericht zur finanziellen Lage des Landes Salzburg dazu jedoch eine eindeutige Meinung: Und zwar, "dass die aufgenommenen Darlehensmittel in Höhe von 320 Millionen Euro nicht vertragskonform für die Förderung des Wohnbaus, sondern für die Finanzierung von Veranlagungen in Höhe von ebenfalls 320 Millionen Euro verwendet wurden".
Um Licht in die Sache zu bringen, forderte der Salzburger Landtag auf Initiative der nunmehr oppositionellen SPÖ im Wege der Amtshilfe die Ermittlungserkenntnisse der Finanzmarktaufsicht im Zusammenhang mit seiner Überprüfung der Hypo Salzburg. Erfolglos, denn die FMA teilte lediglich mit, dass sich aus ihren Ermittlungen keine Ergebnisse im Zusammenhang mit dem Rechnungsabschluss des Landes ergeben hätten.
Die Ergebnisse wären für den Landtag wohl auch nicht sehr erhellend gewesen. Die Untersuchungen wurden nämlich ergebnislos eingestellt. "Es gibt keine Indizien für einen Verstoß gegen das Bankwesengesetz", heißt es aus der FMA auf Anfrage der "Wiener Zeitung". In der Landesregierung wird aktuell geprüft, was mit den 320 Millionen Euro an Veranlagungen geschehen ist. Bei der Hypo Salzburg war für die "Wiener Zeitung" niemand für eine Stellungnahme erreichbar. Klarheit gibt es in Salzburg also auch knapp ein Jahr nach Ausbrechen des Finanzskandals nicht.