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Eine ungewollte Scheidung

Von Michael Schmölzer

Europaarchiv

Zu Beginn des Prozesses war die Mehrheit sowohl der Tschechen als auch der Slowaken gegen eine Teilung der Tschechoslowakei gewesen. Mittlerweile, zwölf Jahre nach einer Scheidung, deren Termin auf den 1. Jänner 1993 fiel, scheint sich ein Großteil der Bevölkerung damit abgefunden zu haben.


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Der Bruch war die Folge der innenpolitischen Entwicklung in der Tschechoslowakei nach dem Ende des Kommunismus 1989. Zunächst wurde die CSSR in "Tschechoslowakische Föderative Republik" umbenannt. Ein Monat später, im April 1990, einigte man sich nach Intervention aus Bratislava auf die Bezeichnung "Tschechische und Slowakische Föderative Republik". Zum endgültigen Bruch kam es, als bei den Wahlen 1992 im tschechischen Teil des Landes die Demokratische Bürgerpartei (ODS) und östlich der March die nationalistische Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS) gewann. Die Sezession war spätestens dann nicht mehr aufzuhalten, als die HZDS eine eigene Außenpolitik der slowakischen Teilrepublik forderte.

Vaclav Havel, der allseits respektierte ersten Präsidenten der demokratischen Tschechoslowakei, war gegen die Trennung. Etwa drei Viertel der Tschechen und Slowaken dachten damals wie er.

Während sich mittlerweile die Wogen geglättet haben - beide Länder haben den Sprung in die EU und die NATO geschafft - war das bilaterale Verhältnis nach der Scheidung gespannt. Da waren zunächst einmal die persönlichen Animositäten zwischen Vaclav Klaus und dem nationalistisch und autoritär agierenden Vladimir Meciar. Daneben sorgten ungeklärte Besitzansprüche jahrelang für Missstimmung zwischen beiden Ländern. Für weiteres Unbehagen sorgte bei manchen Slowaken die Vorstellung, man sei jahrzehntelang von den "überheblichen" Tschechen bevormundet worden.

Trotzdem: Die Trennung geht - vor allem im Hinblick auf die tragischen Ereignisse in Ex-Jugoslawien - als klassisches Beispiel einer friedlichen, weil einvernehmlichen Scheidung in die Geschichtsbücher ein.