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Eine unverzeihliche Umweltpolitik

Von David Ignatius

Analysen

Die globale Klimaerwärmung ist eine wissenschaftliche Tatsache. Nur die Bush-Regierung ist davon nicht zu überzeugen - und tut alles, um Gegenmaßnahmen zu behindern.


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Von Fröschen und Käfern kommen die Warnungen vor einer weiteren globalen Erwärmung, von schmelzendem Eis und veränderten Meeresströmungen, und von Wissenschaftern und verantwortungsbewussten Politikern aus der ganzen Welt. Und was tut die US-Regierung? So gut wie nichts. Das sollte das Gewissen aller Amerikaner erschüttern.

Die Umweltpolitik der Bush-Regierung ist sogar schlimmer als einfach gar nichts zu tun, denn sie vereitelt systematisch alle Anstrengungen der anderen Länder. Die meisten wollen neue Handlungsweisen zur Verringerung der Kohlendioxidemissionen diskutieren, bevor die Veränderungen des Klimas ein Ausmaß erreichen, das alles zum Kippen bringen könnte.

Den Wissenschaftern, die auf den Ernst der Lage hinweisen, verpasst die Bush-Regierung einen Maulkorb. Sie vertritt den Standpunkt, dass wir unbedingt mehr Forschungsergebnisse brauchen - um dann, wenn sich dabei die Hinweise mehren, dass unser Handeln zur globalen Erwärmung beiträgt, noch mehr Forschungsergebnisse zu verlangen.

Der Kongress macht es nicht besser: Die meisten Mitglieder können sich offensichtlich ohne grünes Licht von Lobbyisten und finanzkräftigen Wahlkampfhelfern nicht ernsthaft dem Klimawandel zuwenden. Ganz zu schweigen vom Repräsentantenhaus: Etwas mehr Umweltinteresse wäre hier wahrscheinlich nur möglich, könnte man Dubai für die Klimaerwärmung verantwortlich machen.

Einige der großen Konzerne wie General Electric und Citigroup sind zu dem Schluss gekommen, dass globale Erwärmung, Klimawandel (und die Folgen) nicht mehr zu leugnen sind - und sie beginnen, etwas dagegen zu unternehmen. Diese Aktivitäten aus der Handelswelt geben vielleicht am ehesten einen Hoffnungsschimmer, die Bush-Regierung doch noch in Bewegung zu versetzen.

Jede Woche kommen neue Beweise dazu: Die globale Erwärmung und den Klimawandel gibt es wirklich. Und die Entwicklung vollzieht sich schneller als von Experten erwartet. An Artikeln zu den neuesten Forschungsergebnissen besteht kein Mangel. In der Tierwelt gibt es diesen Luxus, in Ruhe immer mehr Studien über den Zustand unserer Welt in Auftrag zu geben, allerdings nicht.

Andrew Revkin berichtete im Januar in der "New York Times", dass die "Harlekin"-Frösche, die in Lateinamerika zu Hause sind, alarmierende Sterberaten aufweisen. Schuld daran soll ein Pilz sein, den Forscher mit der globalen Erwärmung in Verbindungen bringen. Und Doug Struck beschrieb letzte Woche in der "Post", dass der Klimawandel dem Föhrenkäfer in Britisch-Kolumbien dabei hilft, ganze Wälder zu verschlingen. Ähnliche Ergebnisse finden sich auch auf meinem Schreibtisch - in einem deprimierend hohen Stoß.

Vor diesem Hintergrund nun aber zurück zur Bush-Regierung, den Leuten, die beim Irak warnten, es wäre viel zu gefährlich, auf Untersuchungsergebnisse zu warten. Diese große Wachsamkeit wurde aber nur den irakischen Massenvernichtungswaffen zuteil, die nicht existierten - jedoch bis heute nicht dem Klimawandel, der eine Tatsache ist.

Symptomatisch für die US-Umweltpolitik ist, was beim Umwelttreffen (letzten Dezember) in Montreal geschah: Harlan Watson, der Chef der amerikanischen Delegation, geriet über den Vorschlag, neue "Mechanismen" zur (bisher zu langsamen) Umsetzung des Kyoto-Protokolls zu suchen, so sehr in Wut, dass er ging. Die Amerikaner ließen sich erst erweichen, nachdem das auf "Möglichkeiten" ausgebessert wurde.

Viele Mätzchen der US-Politik mögen als verzeihlich gelten, nicht aber die US-Umweltpolitik. Die Geschichte wird diese Versäumnisse nicht verzeihen, und das sollten auch die Wähler nicht tun.

Übersetzung: Hilde Weiss