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Eine Verurteilung hat weitreichende Folgen

Von Ursula Schrammel

Wirtschaft
Richterurteile können weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Foto: bbox

Bindungswirkung im nachfolgenden Verfahren. | Beamten droht | eine Suspendierung. | Wien. Die Konsequenzen einer strafgerichtlichen Verurteilung erschöpfen sich bei weitem nicht nur in der Verhängung einer Strafe. Mögliche Nebenfolgen sind etwa der Verlust der Erbwürdigkeit oder der Verlust der Gewerbeberechtigung. Doch inwieweit ist ein Richter in einem nachfolgenden Zivilverfahren auf Schadenersatz und Schmerzensgeld an das Strafurteil gebunden?


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Ein Beispiel: Der Betriebsleiter einer Gondelbahn, in der die Passagiere rund acht Stunden bis zur Bergung verbringen mussten, wird zwar vom Gericht freigesprochen, jedoch wird im Urteil festgestellt, dass durch seine Fehlreaktion eine Verzögerung bei der Bergung eingetreten ist. Darf beziehungsweise muss sich der Richter im Falle eines folgenden Schadenersatzprozesses der Betroffenen auf die Feststellungen seines Kollegen berufen?

Eine gesetzliche Regel, die diese Fragen klärt, gibt es nicht mehr. 1995 hat der Oberste Gerichtshof allerdings klargestellt, dass ein verurteilendes Straferkenntnis immer Bindungswirkung für nachfolgende Zivilprozesse entfaltet. Bindend sind dabei alle Feststellungen darüber, wie die Tat durch den Verurteilten begangen wurde. Der Zivilrichter darf hier keine abweichenden Feststellungen treffen.

Um den Verfahrensgrundsätzen eines fairen Verfahrens gemäß Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention gerecht zu werden, wird diese Wirkung auf den Rechtskreis des Verurteilten selbst eingeschränkt, da auch nur dem Beschuldigten im Strafverfahren umfassende Parteirechte zustehen. Niemand soll sich also im nachfolgenden Rechtsstreit einer anderen Partei gegenüber darauf berufen, dass er die Tat, derentwegen er strafgerichtlich verurteilt wurde, nicht begangen habe.

Freisprechende Urteile entfalten diese Wirkung jedoch nicht. Wird ein Beschuldigter nur im Zweifel freigesprochen, ist es wohl auch sinnvoll, etwaige Ersatzansprüche durch den Zivilrichter selbständig beurteilen zu lassen.

Beamten droht eine Dienstsuspendierung

Ferner kann ein Strafurteil weitere Konsequenzen nach sich ziehen. Wird zum Beispiel ein Landespolizeikommandant von einem Strafgericht des Amtsmissbrauches für schuldig befunden, so kann die Disziplinarbehörde Sanktionen wie eine Dienstsuspendierung oder sogar die Entlassung aussprechen, wenn es sich um einen Beamten handelt. Darüber hinaus verliert ein Beamter nach einer strafgerichtlichen Verurteilung aufgrund einer vorsätzlichen Tat und einem Mindestausmaß der verhängten Freiheitsstrafe (sechs Monate beziehungsweise ein Jahr) schon aufgrund des Gesetzes sein Amt.

Weitreichende Folgen gibt es auch im Asyl- und Aufenthaltsverfahren. Die Genfer Konvention sieht beispielsweise im Falle einer Verurteilung aufgrund eines schweren Verbrechens den Ausschluss von der Asylgewährung vor. Stellt der Verurteilte eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar, kann gegen ihn auch ein Aufenthaltsverbot erlassen werden.

Die Autorin ist Assistentin am Institut für Zivilverfahrensrecht der Universität Wien. Ein ausführlicher Beitrag zu dem Thema erscheint auch in der Zeitschrift "Zivilrecht aktuell" des Lexis Nexis Verlags.