)
SPÖ-Bundes- geschäftsführerin Laura Rudas im Interview. | Befindlichkeiten der Parteien für Bürger nicht wichtig. | "Wiener Zeitung": Mit welcher Idee für eine Volksbefragung wird die SPÖ 2012 die ÖVP überraschen? | Laura Rudas: Dass die SPÖ auch für Instrumente direkter Demokratie steht, ist nicht überraschend, diese ist ein gutes Mittel, die Bevölkerung einzubinden. Die Bürger wollen nicht nur alle paar Jahre ein Kreuzerl machen, sondern auch dazwischen mitreden. Darauf muss, finde ich, die Politik reagieren.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Aber es hat den angenehmen Nebeneffekt, den Koalitionspartner ständig vor sich hertreiben zu können.
Ich darf als Bundesgeschäftsführerin das volle Augenmerk auf die SPÖ richten, ich bin nicht Regierungsmitglied. Dass wir im Moment die Themenführerschaft haben, freut mich für die SPÖ natürlich.
Bei der Wehrpflichtdebatte droht diese Themenführerschaft allerdings zu kippen, auch das Stimmungsbild in der Bevölkerung ist in dieser Frage noch unbestimmt.
Es gibt nur eine einzige Umfrage, die eine Mehrheit für die Wehrpflicht ergeben hat, dieses Institut sieht aber auch das BZÖ bei acht Prozent Zustimmung. Was mich viel mehr ärgert, ist, dass bei dieser Debatte die berechtigten Anliegen der Jungen zu kurz kommen: Die zentrale Frage ist doch, ob man heute noch die Wehrpflicht für die Aufgabenerfüllung des Bundesheeres braucht; wenn nicht, sollte sie auch abgeschafft werden. Wir in der SPÖ glauben, dass das Heer genauso wie der Katastrophenschutz Profis braucht. Natürlich stehen in dieser Frage einander Ältere und Junge gegenüber, Letztere haben das Gefühl, dass sie hier überfahren werden.
Wenn Ihre Einschätzung stimmt, dann dürfte es für Sie schwer werden, bei der Volksbefragung eine Mehrheit zu mobilisieren.
Da haben Sie recht, deshalb werden diesmal eben die Jungen ihre Eltern überreden müssen. Auch Ältere wollen Profis beim Heer, um Katastrophenschutz, Auslandseinsätze und Landesverteidigung zu gewährleisten.
Welches Signal sendet die Regierung an die Bürger, wenn es ihr nicht gelingt, in einer so zentralen Frage wie der Sicherheitspolitik einen Konsens herzustellen?
Es gibt in der Sicherheitspolitik Konsens, das zeigen die Verhandlungen über die Sicherheitsstrategie, wo sich SPÖ und ÖVP bereits zu 99 Prozent einig sind. Nur bei der Wehrpflicht sind wir uns nicht einig, da müssen jetzt eben die Argumente ausgetauscht werden. Wenn es in zu keiner Einigung kommen sollte, wird eben am Schluss eine Volksbefragung stehen, das finde ich überhaupt nicht schlimm.
Die Argumente, die aus Sicht der SPÖ einmal für die Wehrpflicht sprachen, etwa dass Wehrdiener nicht auf Bürger schießen, gelten nicht mehr?
Wir leben nicht mehr im Jahr 1934. Es bleibt Sache des Staates, welche Personen rekrutiert werden, zudem besteht das Bundesheer schon jetzt zu einem wesentlichen Teil aus Berufssoldaten. Heute geht es um internationale Friedenssicherung, hier können wir als Neutrale ganz anders agieren.
Aus Sicht der SPÖ ist Ihr Bemühen um die Themenführerschaft durchaus verständlich. Die Retourkutsche der ÖVP wird aber - Stichwort ÖBB - sicher nicht lange auf sich warten lassen, dann ist wieder die SPÖ an der Reihe .. . Am Ende beschädigt sich die Koalition nur selbst. Dieses Drehbuch könnte aus der Feder von FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache stammen.
Zumindest dieser Tage ist Strache wegen der Affäre um rechtsextreme Texte auf der Homepage eines FPÖ-Abgeordneten abgetaucht, auch in der Wehrpflichtdebatte ist er nicht wirklich präsent. Das wundert mich nicht, ich glaube nämlich nicht, dass seine Position in den Wiener Discos gut ankommt. Das freut mich.
Bei allen Diskussionen darf man aber eines nicht vergessen: Diese Regierung hat das Land hervorragend durch die Krise gebracht, halb Europa beneidet uns um unsere Arbeitslosenzahlen und um unser Gesundheitssystem, auch in der Bildung geht einiges weiter, kurz: Diese Regierung leistet gute Arbeit.
Leben all die Beobachter und Journalisten, die diese Koalition am Scheideweg sehen, in einer falschen Realität?
Ganz ehrlich: Ich werde im Gemeindebau nicht darauf angesprochen, wie SPÖ und ÖVP miteinander umgehen. Die Leute wollen wissen, was die Regierung für das Land leistet. Die Medien dagegen interessiert vor allem, wie gehen Parteien und Medien gegenseitig miteinander um. Die politische Szene beschäftigt sich primär mit sich selbst und kommt so irgendwann von den Inhalten ab.
Das ist sicher nicht ganz falsch, allerdings leistet die Politik mit ihren Strategien und Auseinandersetzungen dafür die Grundlagen.
Zweifellos, doch warum können wir uns nicht darauf einigen, dass es keine Neuwahlen geben wird, dass eine Volksbefragung - egal, wie sie ausgeht - für beide Parteien auszuhalten ist, und jetzt wieder über die Themen gesprochen wird, die anstehen?
Sie sind also überzeugt, dass eine solche Strategie für die SPÖ zum Erfolg führt?
Ja, weil es darum geht, Standpunkte klarzumachen. Es darf nie wieder vorkommen, dass die Menschen nicht wissen, wofür die SPÖ steht. Das war in der Vergangenheit leider auch schon anders.
Also steht die Partei auch zur jüngsten weiteren Verschärfung des Asylgesetzes?
Ich stehe zu dem Gesamtpaket. Ziel muss es sein, die Verfahren der Betroffenen zu beschleunigen, dabei soll die Mitwirkungspflicht helfen. Wichtig war uns aber auch, dass Kinder nicht mehr in Schubhaftzellen genommen werden können. Das ist definitiv eine Verbesserung.