Obwohl es nur ein Entweder-oder gibt, setzen SPÖ und ÖVP auf Verhandlungen. | Experte Hofer: Volksbefragung hätte Regierung blockiert. | Wien. Seit Michael Häupl die Sache im Wiener Wahlkampf Anfang Oktober aufgeworfen hat, will die SPÖ eine Volksbefragung zur Wehrpflicht. Seit Dienstag ist eine solche allerdings in weite Ferne gerückt. Zwar hält Kanzler Werner Faymann die Volksbefragung nach wie vor für "ein taugliches Mittel", allerdings betonten sowohl der Regierungschef als auch sein Verteidigungsminister beim Ministerrat, dass man eine Volksbefragung "sicher nicht" gegen den Willen der ÖVP mit anderen Mehrheiten durchsetzen werde - das widerspricht nämlich dem Koalitionsabkommen. Damit ist die Volksbefragung zum Thema Wehrpflicht de facto vom Tisch - und damit eigentlich auch das Thema Heeresreform.
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Unter Josef Pröll war die Linie der ÖVP die, dass im Fall, dass sich die Koalition über die Wehrpflicht nicht einigt, das Volk befragt werden soll. Unter Michael Spindelegger will man davon nichts mehr wissen. Statt dessen wird die Volkspartei nicht müde zu betonen, dass man jetzt auf Verhandlungen setze. "Wir müssen jetzt den ersten Schritt machen, und der heißt verhandeln", erklärt ÖVP-Generalsekretär Johannes Rauch. Dazu will die ÖVP "in den nächsten Wochen" ihr eigenes Modell präsentieren.
Aber wie sinnvoll sind Verhandlungen zu einem Thema, wo es nur ein Entweder-oder gibt? "In einer Koalition muss man gewisse Dinge einfach verhandeln", sagt Rauch.
Das findet auch sein rotes Pendant, SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas. Für sie ist das Thema Wehrpflicht ebenso wenig vom Tisch wie eine eventuelle Volksbefragung dazu. Aber zunächst will auch sie "die Zeit der Verhandlungen nutzen, um die ÖVP zu überzeugen, dass die Wehrpflicht nicht mehr zeitgemäß ist". Diesbezüglich glaube sie "an die Kraft der Überzeugung". Wenn nicht, sei die SPÖ immer noch offen für eine Volksbefragung. Dass die Koalition an einer solchen Schaden nehmen könnte, glaubt Rudas nicht. "Man sollte sich nicht davor fürchten", zumal das Thema ja auch innerhalb aller Parteien äußerst kontroversiell sei.
"Volksbefragung würde das Klima ruinieren"
Aus Sicht des Politikberaters Thomas Hofer fürchten sich die Koalitionspartner allerdings sehr wohl vor einer Volksbefragung mit dazugehörender Kampagne. Und zu recht. "Eine Volksbefragung wäre für beide Parteien ein Vabanquespiel", sagt Hofer. SPÖ und ÖVP müssten einen drei- bis viermonatigen Zwischenwahlkampf führen - "das muss man sich erst einmal leisten" -, währenddessen alle anderen Bereiche der Regierungsarbeit quasi blockiert wären. Das Ergebnis wäre völlig offen, für SPÖ und ÖVP wäre es daher ein "Hochrisiko-Spiel". Dies würde aus Sicht Hofers zwangsläufig "das Koalitionsklima ruinieren". Sicherer Gewinner dieses regierungsinternen Schlagabtauschs wäre laut dem Politikexperten FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Daher sei eine Verschiebung des Themas, "wo es nur A oder B gibt", in Richtung Wahlkampf 2013 "keine schlechte Lösung", meint Hofer.
Dass sich die SPÖ für besagten Wahlkampf schon jetzt mit Forderungen nach neuen Steuern warm läuft, sei zwar "aus Koalitionssicht früh, aus Parteisicht nicht", sagt Hofer. "Das sollte auch bei der ÖVP bald einsetzen." Diesbezüglich erwarte er sich einiges vom Parteitag der Schwarzen am 20. Mai.