Zum Hauptinhalt springen

Eine von allen bedauerte Eskalation

Von Walter Hämmerle

Politik

Boku-Rektorin Bruner tritt zurück und attackiert Senat. | Kromp-Kolb spricht von schweren Managementfehlern. | Wien.Zum Antritt als Rektorin der Universität für Bodenkultur (Boku) im Oktober 2007 begleiteten Ingela Bruner noch Lobeshymnen. Tatsächlich war es ein historischer Akt: Bruner war die erste Frau an der Spitze einer heimischen Universität, sie war nicht habilitiert und stammte noch dazu aus einem Fach, Maschinenbau, das an der Boku nicht unterrichtet wird.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Am Montag endete diese Geschichte abrupt. Bruner erklärte ihren Rücktritt - und begründete diesen in einer eigens dazu einberufenen Pressekonferenz mit schwerwiegenden Vorwürfen an die Adresse des Uni-Senats unter Vorsitz von Gerd Sammer. "Wegen unüberbrückbarer, unterschiedlicher Auffassung mit dem Vorsitzenden des Senats bezüglich der Führung der Universität und der strategischen Ausrichtung der Boku", so Bruner.

Damit nicht genug. Die scheidende Rektorin erklärt, Opfer massiver Einschüchterungsversuche und im Zusammenhang mit ihrer Krebserkrankung gemobbt worden zu sein. Es sei ihr nahegelegt worden, aus gesundheitlichen Gründen zurückzutreten.

Statt dessen wählte die 56-jährige gebürtige Schwedin die Offensive: Sie bat am Sonntag den Uni-Rat um einvernehmliche Auflösung ihres Dienstverhältnisses und ging am Montag in die Öffentlichkeit.

Bruners Sicht deckt sich jedoch so gar nicht mit jener des heftig attackierten Senats. Gerd Sammer betont gegenüber der APA, dass es nicht um einen Konflikt zwischen ihm und Bruner gehe, "sondern darum, die Zukunft der Boku auf Schienen zu stellen, die in eine positive Zukunft führen". Auch Vize-Vorsitzende Helga Kromp-Kolb wies gegenüber der "Wiener Zeitung" sämtliche Vorwürfe Bruners zurück. Stattdessen berichtet die Umweltexpertin von gravierendem Führungsversagen der Rektorin, mit ihrem freiwilligen Rücktritt sei Bruner lediglich einer Abwahl zuvorgekommen. Der Senat sei sich in dieser Frage sehr einig gewesen. Im Detail berichtet sie von Managementfehlern, indem sie zu spät beziehungsweise überhaupt nicht Entscheidungen getroffen habe, fehlenden Finanzplanungen und Säumigkeit bei Professoren-Berufungen.

Die jetzige öffentliche Eskalation bedauert Kromp-Kolb. Die Probleme seien schon im Frühjahr 2008, also rund ein halbes Jahr nach Bruners Amtsantritt offensichtlich geworden. Dass dahinter Vorbehalte gegenüber einer Frau, noch dazu Boku-fremd und nicht-habilitiert, stecken könnten, weist Kromp-Kolb zurück. Schließlich habe der Senat Bruner selbst auf seinen Dreier-Vorschlag für das Amt des Rektors genommen. Leider habe man sich in ihren Fähigkeiten getäuscht.

Noch am Montagnachmittag trat der Senat zu einer Krisensitzung zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten, immerhin steht mit Mobbing ein strafrechtlich relevanter Vorwurf im Raum. Wissenschaftsminister Johannes Hahn nennt die Entwicklung "bedauerlich", er hoffe, dass "die Verdienste Bruners, die gläserne Decke für Frauen im Hochschulbereich durchstoßen zu haben, nachhaltige Wirkung haben". Interimistisch führt nun Vizerektor Martin Gerzabek die Boku.