Bei Sicherheitenbestellungen durch Muttergesellschaften könnte man gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen.
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Dass Gesellschafter im Wesentlichen nur Anspruch auf den Bilanzgewinn haben, der sich aus der Jahresbilanz ergibt, ist insbesondere durch das Verbot der Einlagenrückgewähr geregelt - ein Ausschüttungsverbot. Das Verbot soll das Stammkapital einer Kapitalgesellschaft als dauernden Grundstock absichern und wirkt im Wesentlichen all jenen Vermögenstransfers entgegen, die diese Absicherung und die Gläubigerbefriedigung gefährden. Es ist gesetzlich zwingend (§ § 52, 54 Aktiengesetz und § 82 GmbH-Gesetz).
Zulässig sind gesetzlich geregelte oder fremdübliche Transaktionen. Gegen das Einlagenrückgewährverbot verstoßen klassischerweise einseitige Vermögenstransfers aus dem Gesellschaftsvermögen an einen Gesellschafter. Selbst die Zustimmung aller Gesellschafter könnte einen solchen Transfer nicht "heilen". Der zwingende Charakter des Verbots lässt sich somit nicht durch eine Anordnung, eine Weisung oder einen Gesellschafterbeschluss umgehen.
Sicherheiten bei Unternehmensgruppen
Bei Unternehmensgruppen werden oft zwischenbetriebliche Sicherheiten bestellt. Solche Sicherheitenbestellungen stellen einen "Vermögenstransfer" dar. Sicherheitenbestellungen upstream (von der Tochtergesellschaft an eine Muttergesellschaft) sind jedenfalls am Maßstab des Verbots der Einlagenrückgewähr zu messen. Sicherheitenbestellungen downstream (von der Mutter an die Tochter) sind im Regelfall kapitalerhaltungsrechtlich unproblematisch. Eine genauere Betrachtung lohnt sich dennoch.
Existieren etwa mehr als eine Muttergesellschaft, sind diese selbst (und nicht nur über die gemeinsame Tochtergesellschaft) miteinander gesellschaftsrechtlich verbunden (zum Beispiel Schwestergesellschaften). Bestellt in diesem Fall nur eine Muttergesellschaft Sicherheiten für die gemeinsame Tochter, so profitiert im Regelfall die andere Muttergesellschaft durch die Erhöhung des Beteiligungswertes an der Tochtergesellschaft von dieser Sicherheitenbestellung, ohne dafür einen Beitrag zu leisten.
In der Praxis vielfach komplexere Sachverhalte
In der Praxis finden sich unterschiedliche und vielfach komplexere Sachverhalte. Relevant sind die jeweilige (in)direkte Beteiligungshöhe der Muttergesellschaft, eine allfällige Solidarhaftung samt dazugehöriger Regressvereinbarungen im Falle der Inanspruchnahme sowie die Bonität der Sicherheitenbesteller. Dabei gilt: Die Zwischenschaltung von Gesellschaften darf zu keiner Umgehung des Einlagenrückgewährverbots führen.
Liegt eine kapitalerhaltungsrechtlich relevante Vorteilszuwendung vor, so ist die Sicherheitenbestellung anhand der Fremdvergleichsformel zu prüfen. Hier wird eruiert, ob ein sorgfältiger, nach unternehmerischen Gesichtspunkten handelnder Geschäftsmann die zu einer Vorteilszuwendung für den Mitgesellschafter führende Sicherheitenbestellung auch für einen gesellschaftsrechtlich nicht (über die gemeinsame Tochter hinausgehend) verbundenen Mitgesellschafter vorgenommen hätte. Der Fremdvergleich ist dann zu bejahen, wenn die Sicherheitenbestellung für den Sicherheitengeber nicht existenzgefährdend ist, ihr eine Gegenleistung gegenübersteht und eine betriebliche Rechtfertigung vorliegt.
Im schlimmsten Fall strafrechtlich relevant
Verstöße gegen das Verbot führen im Regelfall zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, können Schadenersatzpflichten des Geschäftsführers auslösen und im schlimmsten Fall sogar strafrechtlich (Untreue § 153 StGB) relevant sein.
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Ausführlich dazu: Schmidt/Kienreich, Sicherheitenbestellungen durch Muttergesellschaften: Verstoß gegen das Einlagenrückgewährverbot? SWK 2021, 831.