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Eine weitere Einschränkung der individuellen Freiheit

Von Barbara Kolm

Gastkommentare
© Ignasi Bolto

Wenn Politiker Bargeld abschaffen wollen und EZB-Direktoriumsmitglieder ein zentralisiertes europäisches Finanzministerium fordern, muss man fragen, was dann passieren könnte.


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Unter dem Vorwand der Betrugs- und Terrorbekämpfung und der Vereinfachung von Transaktionen wird wieder die Freiheit mündiger Bürger eingeschränkt: Zahlungsmittel selbst zu bestimmen und zu entscheiden, wo und in welcher Form Vermögen aufbewahrt wird.

Diese Einschränkung ist aus zweierlei Gründen problematisch: Erstens stellt physisches Geld, also Münzen und Banknoten, seit Jahrhunderten Vertrauen her und dient als Wertspeicher. Es ermöglicht Handel und ist Zahlungsmittel für Arbeit. Erspartes Geld wird für Investitionen eingesetzt, das dem Wirtschaftskreislauf dient. Das basiert auf Vertrauen. Vertrauen, das die Akteure am Markt einander entgegenbringen, aber auch Vertrauen der Bürger in jene Institutionen, die Geld schöpfen - also die unabhängigen Notenbanken.

Wenn Politiker Bargeld abschaffen wollen und EZB-Direktoriumsmitglieder ein zentralisiertes europäisches Finanzministerium fordern, muss man fragen, was dann passieren könnte. Ohne eine Trennung zwischen Geld- und Fiskalpolitik wird Machtmissbrauch Tür und Tor geöffnet. Keynesianischer Konjunkturpolitik wird der Weg geebnet.

Der Erfolg dieser Politik ist fraglich (Kapitalaufzehrung, kein langfristiger Wohlstandsaufbau, Begünstigung von Spekulationsblasen).

Das bringt uns zum zweiten Problem: der Möglichkeit zur Einhebung von Negativzinsen. Solange Bargeld existiert, können Zinsen auf Spareinlagen nie nominell negativ werden, weil Sparer im Fall von Negativzinsen ihr Geld sofort beheben würden - ohne Bargeld fällt diese Option weg.

Um die oben beschriebenen Maßnahmen optimal durchführen zu können, wird ein Bargeldverbot höchstwahrscheinlich mit Einschränkungen anderer potenzieller Zahlungsmittel, wie Edelmetallen, einhergehen - dies führt dann zu weiteren, ebenso problematischen Beschneidungen der individuellen Freiheit.

Digitales Geld gibt dem Staat die Möglichkeit, das Finanzgebaren der Bürger noch leichter zu kontrollieren und gegebenenfalls zu konfiszieren (Zypern hat das schon vorexerziert). Wenn sämtliches Vermögen nur noch digital gehalten werden kann, kann dieses Vermögen eben auch digital eingefroren oder vernichtet werden. Dies mag natürlich auch gewisse Vorteile mit sich bringen - etwa auf dem Gebiet der Verbrechensbekämpfung -, aber es ist anzunehmen, dass die Nachteile klar überwiegen. Und: Wir sind ja nicht alle Verbrecher. Der Vorstellung, dass der Staat diese neugewonnene Macht lediglich für ehrbare, die nationale Sicherheit fördernde Maßnahmen nutzen werde, liegt wohl ein idealisiertes und romantisches Bild des Staates zugrunde.

Als mündige Bürger erlauben wir uns, dem Staat kritisch zu unterstellen, dass er es nicht ehrlich mit uns meint, wenn er uns unter dem Deckmantel der Betrugsbekämpfung (wir werden alle wie potenzielle Betrüger behandelt) weiter unsere Freiheit einschränkt, um den Gläsernen Menschen zu schaffen.