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Eine Woche vor der Landtagswahl ist noch alles offen

Von Edwin Berndt

Politik

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Die Wahlen vom 19. September 1999 brachten in Vorarlberg historische Ergebnisse: Ein Hoch für die FPÖ von 27,5 Prozent, ein Tief für die SPÖ mit 13 Prozent und die ÖVP büßte erstmals die absolute Mehrheit an Stimmen und Mandaten ein.

Das "Match" um die Wählergunst ist eine Woche vor der Landtagswahl völlig offen. Rund ein Drittel der Wähler ist noch unentschlossen. Wahlprognosen werden auch durch den hohen Anteil an Wechselwählern erschwert: Fast 70 Prozen der Wähler haben bisher schon verschiedene Parteien gewählt.

Mangels Bekanntheit, Repräsentanz und fehlender Geldmittel für einen umfassenden Wahlkampf dürfte auch diesmal keine der kleinen Gruppierungen den Einzug in den Landtag (fünf Prozent sind für ein Mandat notwendig) schaffen.

Nach den letzten Umfragen könnten die vier kleinen Gruppen insgesamt mit drei bis vier Prozent der Stimmen rechnen, die SPÖ mit 19 bis 20 Prozent, die Grünen mit 11 bis 12 Prozent, die FPÖ mit 16 bis 17 und die ÖVP mit 48 bis 49 Prozent.

Das Erreichen der absoluten Mehrheit durch die ÖVP ist sehr wahrscheinlich, bleibt jedoch spannend. Bis zum Frühjahr waren bundespolitische Auswirkungen auf die Vorarlberger ÖVP feststellbar, seither konnte sie sich vom Stimmungstief der Bundespartei immer mehr abkoppeln. Die größte Stärke der ÖVP basiert auf den Vorzügen ihres Landeshauptmannes.

Der zweite Spannungsfaktor neben der Frage Absolute für die ÖVP oder nicht bleibt das Rennen um Platz Zwei. Die besten Chancen darauf hat derzeit wohl die SPÖ.

Der Sturz der FPÖ ins Bodenlose könnte angesichts ihrer traditionellen Mitwirkung in der Regierungspolitik und die dadurch vorhandenen Profilierungsmöglichkeiten - die Partei verfügt traditionell über eine gute Verankerung gerade in den größeren Gemeinden - verhindert werden. Über weite Strecken konnte sich die Landes-FPÖ überdies von der Bundespolitik abkoppeln und einen eigenständigen und autonomen Weg fahren.

Die SPÖ wiederum profitiert offensichtlich von der Beruhigung in den eigenen Reihen: Die internen Querelen in der Landespartei haben deutlich abgenommen bzw. sind zum Erliegen gekommen. Auf der anderen Seite kann die SPÖ vom Bundestrend profitieren.

Gespannt kann man sein, ob die Grünen so stark wie prognostiziert zulegen können. Für sie ist ja charakteristisch, dass sie gute Umfragewerte in der Realität nicht umsetzen können - mit einer Ausnahme: 1985 erreichten die Grünen in Vorarlberg mit Kaspanaze Simma ein sensationelles Ergebnis von 13 Prozent.

Über die kommende Regierungsform kann derzeit nur spekuliert werden. Die ÖVP, die das Handeln in dieser Frage besitzt, ließ sich bisher nicht in ihre Karten schauen. Auch bei einer klaren Mehrheit wird sie nicht zur Alleinregierung tendieren wollen, denn diese Form ist bei den Vorarlbergern im höchsten Maße unpopulär. Würde sie sich im Wahlkampf offen zu dieser Form bekennen, könnte sie sich das Erreichen der absoluten Majorität auf jeden Fall abschminken. Der Vorarlberger will mit enormer Massivität Konsens, Zusammenarbeit; Zwist, Querelen, Uneinigkeit sind ihm verhasst.

Dr. Edwin Berndt leitet das gleichnamige Institut für Markt- und Meinungsforschung in Göfis